Podcast: Die Schöne und das Biest. #05 Hannah Lux

Hannah Lux.
Über Gründungswege
und Stolpersteine

In der fünften Folge des Podcasts »Die Schöne und das Biest. Warum schöne Organisationen die Welt verändern« sprechen Unternehmensberater und Zumuter Lothar Wenzl und die Journalistin, Autorin und bekennende Feministin Mari Lang mit Hannah Lux.

Sie ist Mitgründerin des Generationscafés »Vollpension« und seit 2022 Beraterin bei Trainconsulting. Was hat sie aus ihrem Herzensprojekt »Vollpension« gelernt? Einem Pop-up, das gekommen ist, um zu bleiben. Qualitätsdruck sowie ein hoher kompetitiver Anspruch und gleichzeitig starke sozialen Werte – wie geht das zusammen? Schließen sich wirtschaftliches und soziales Denken denn zwangsläufig aus? Wie messen wir unternehmerischen Erfolg abseits von Umsatz und Gewinn?

Mit Herz und mit Bauch – und ohne Businessplan – so ist Hannah Lux das Projekt »Vollpension« angegangen. Wie geht es ihr heute damit?

Dieses: »Ich weiß nicht, wie es geht«, ist meiner Meinung nach essenziell, dass sich wirklich etwas verändern kann auf der Welt. In dem Moment, wo ich zugebe, dass ich nicht weiß, wie es geht, kann ein Raum aufgehen, wo Neues entstehen kann.

Hannah Lux
hannah lux podcast

Hannah Lux ist seit Oktober 2022 systemische Beraterin bei Trainconsulting und Pionierin im Entrepreneurship-Sektor mit über 15 Jahren Gründungs- und Geschäftsführungserfahrung.

Als Brückenbauerin zwischen Welten, immer mit dem Blick auf das große Ganze und tiefer Achtung vor jedem einzelnen Menschen, begleitet sie Organisationen auf ihrem Weg in Richtung sozialer, ökologischer und ökonomischer Balance.

Sie ist Mitgründerin des Generationscafés Vollpension sowie des IDG Hubs Austria (Inner Development Goals).

Sie ist sehr oft auf der Bühne als Speakerin zu sehen und beschäftigt sich mit den Themen soziale Innovation, New Generation Leadership und gesunde Organisationen.

Wir wollen nicht nur über das Besser werden reden, wir wollen tatsächlich besser werden. Senden Sie uns Feedback an dieschoeneunddasbiest@trainconsulting.eu.

Wer nicht hören will, muss lesen! Hier der Podcast zum Nachlesen:

»Die Schöne und das Biest. warum schöne Organisationen die Welt verändern.«
Ein Podcast von Mari Lang und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl.

Mari Lang: Ich schnuppere da mal. Magst du einmal riechen?

Lothar Wenzl: Ja, ich mag auch einmal.

Mari Lang: Schon sehr intensiv.

Hannah Lux: Jetzt habe ich ein bisschen Angst.

Mari Lang: Es ist viel darin, sage ich gleich.

Hannah Lux: Muss das gut riechen?

Mari Lang: Nein. Findest du es nicht schön?

Hannah Lux: Doch schon, aber schon sehr intensiv.

Mari Lang: Und dann habe ich noch im Angebot.

Hannah Lux: Da denke ich an die Maturafeier in Griechenland, an Ouzo.

Mari Lang: Also, um das jetzt aufzuklären, wir schnuppern hier an Gewürzen. Was war dabei, Anis, Zimt und Lebkuchengewürz, eine Mischung. Lothar, war irgendetwas dabei, wo du sagst, das war echt schön?

Lothar Wenzl: Ja, das ist der Zimt. Das ist das Besänftigungsgewürz für mich.

Hannah Lux: Ja, für mich ebenso. Also der Zimt, der geht irgendwie unter die Haut.

Mari Lang: die Schöne und das Biest. Warum schöne Organisationen die Welt verändern.

Mari Lang: Ein Podcast von…

Lothar Wenzl: Marie Lang

Mari Lang: und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl.

Mari Lang: Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe von »Die Schöne und das Biest«. Für diese Folge haben wir uns Hannah Lux eingeladen. Sie ist Mitgründerin des erfolgreichen Generationencafés »Vollpension«. Wir haben sie eingeladen, nicht nur, weil wir mit ihr an diversen Backgewürzen herumschnuppern wollten, sondern weil sie als Startup-Gründerin einiges über die Schönheit von Organisationen und über Neuanfänge zu erzählen weiß, und weil sie seit kurzem auch Teammitglied von Trainconsulting ist. Schön, dass du da bist.

Hannah Lux: Ja, vielen Dank für die Einladung.

Mari Lang: Magst du vielleicht erzählen, Lothar, wie seid ihr zusammengekommen?

Lothar Wenzl: Es geht wie meistens im Leben über eine gute, enge Verbindung, zu einem offensichtlich, wurde mir dann bewusst, gemeinsamen Freund, der mir gesagt hat, du musst eine der besten Frauen in Wien oder in Österreich kennenlernen. Ihr habt etwas miteinander zu tun. So ist das gekommen.

Mari Lang: Jetzt muss ich natürlich nachfragen, was heißt, ihr habt etwas miteinander zu tun, inwiefern?

Hannah Lux:  Ich würde sagen, das sind wir gerade am Herausfinden. Aber ich finde das auch sehr spannend, und probiere mein Leben. Ich weiß nicht, ob das so ein aktives Probieren ist, aber irgendwie entwickelt sich mein Leben immer mehr in eine Richtung, dass die Dinge ineinanderfließen, und dass die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt auftauchen.

Von dem her, ich habe auch das Gefühl, Lothar, wir zwei, und mit dir auch Trainconsulting, da wartet etwas Neues auf uns. Und ich glaube, an dem Punkt, wo wir jetzt sind, ist es uns allen miteinander noch nicht ganz klar, was dieses Neue ist, und wir bauen aber auf sehr ähnliche Werte auf. Ich glaube, wir haben eine ähnliche Haltung zum Leben, und uns verbindet persönlich einiges, auch wie wir Business und Organisationen sehen. Wir haben ganz unterschiedliche Wege, und das, was kommen wird, ist aufregend und groß, das ist so mein Bauchgefühl, das ich gerade habe. Das geht ähnlich unter die Haut wie das Zimt.

Mari Lang: Du hast die letzten, man kann schon sagen, ein Jahrzehnt mindestens als Unternehmerin verbracht. Jetzt wechselst du ein bisschen die Seiten nicht unbedingt, weil du gibst einfach deine Expertise auch weiter, und lernst jetzt Neues dazu. Was hat dich denn bewogen zu sagen, ich möchte einfach Unternehmen beraten, und möchte mich auf den Weg machen, »Schöne Organisationen« auch zu begleiten?

Hannah Lux: Ich tue mich mit dem Beratungsbegriff noch ein bisschen schwer, und ich weiß auch gar nicht, ob ich jemals damit ganz Freundin werde. Das, was ich tun möchte, ist begleiten. Ich habe so ein Bild vorne an der Seite stehen, und Raum halten, für Veränderung, die da passiert. Und ich habe mir jetzt eine Auszeit genommen. Ich war jetzt sieben Monate im Sabbatical, und habe natürlich viel darüber nachgedacht, was als Nächstes kommt.

Und da ist mir klar geworden, dass ich im nächsten Schritt gerne dieses Wissen, die Erfahrung, die ich in diesen Pionierprojekten gesammelt habe, etablierteren Organisationen zur Verfügung stellen möchte, weil ich glaube, dass, wenn wir an einer Zukunft arbeiten wollen, wo es uns allen miteinander besser geht, dass es auch Pioniergeist braucht, in etablierten Organisationen. Also ich glaube, wir sind gerade in einer Phase, vor allem auch in der Arbeitswelt, aber generell, wo wir schleunigst damit beginnen dürfen, uns von diesen Schubladen zu entfernen, das sind die Großen, das sind die Kleinen, das sind die Kreativen, das sind die Bürokraten, und wo wir schauen dürfen, wie geht das denn zusammen. Und das spricht mich gerade an.

Mari Lang: Es geht hier im Podcast ganz stark um »Schöne Organisationen«, was verstehst du darunter?

Hannah Lux: Für mich sind schöne Organisationen, Organisationen, ihr habt vorher auch von Musik gesprochen, die diesen Dreiklang finden, aus Sozialem und diesem Menschlichen, den Mensch im Mittelpunkt, dem Ökologischen. Und dann gibt es dieses schöne Wort Nachhaltigkeit, was zum Passwort verkommt, aber da steckt ganz viel, ich nenne es jetzt einmal regeneratives Wirtschaften, und auch das Ökonomische darin. Und wenn dieser Dreiklang richtig schwingt und gelingt, zeichnet es für mich eine schöne Organisation aus.

Mari Lang: Was du hier jetzt beschreibst, ist derzeit auch in aller Munde, mit den 17 SDGs der Vereinten Nationen, die auch genau auf diesen drei Säulen aufbauen. Lothar, wenn du dir die »Vollpension« ansiehst, wo Hannah wirklich Pionierinnenarbeit geleistet hat, würdest du da sagen, das ist der Prototyp einer »Schönen Organisation«?

Lothar Wenzl: Dazu kenne ich die Organisation von innen in der Tat zu wenig. Von außen betrachtet, sofort. Ich kenne noch die Anfänge, und wir kannten uns da noch lange nicht, weil das noch ein Pop-up war, im siebten Bezirk, in der Mariahilferstraße. Das war fast gegenüber von meinem Büro. Ich war sehr häufig dort. Und diese Idee, Inklusion zu erzeugen, Integration, im besten Sinne des Wortes zu erzeugen, reicht alleine schon, um zu wissen, diese Organisation hat ein wichtiges, schönes Anliegen. Wie es dann organisiert ist, ist noch eine zweite Frage, darüber kann man reden. Es war für mich nicht im Vordergrund.

Die Intention und auch das, was sichtbar wird, am Markt sozusagen, zum Kunden hin, war von Anfang an zwingend, aber deswegen hat es auch eingeschlagen über Nacht, und war immer voll. Und ich habe fast nie einen Platz bekommen, und habe mich auch gleichzeitig noch nie so gefreut, keinen Platz zu bekommen, weil ich gesehen habe, das macht total Sinn, was hier passiert.

Mari Lang: Wir haben im Podcast auch schon über Perfektion gesprochen. Und wenn man jetzt sich zum Beispiel auch die SDGs ansieht, Perfektion wäre für mich, wenn man alles erfüllt. Wenn man jetzt auf die »Vollpension« sieht, vielleicht wurde da nicht alles erfüllt. Wie siehst du denn das, Lothar, reicht es schon, wenn man einfach das Bestreben hat, eine schöne Organisation zu werden, oder ist man es erst dann, wenn wirklich alles mit einem Haken versehen ist, wenn alles abgedeckt ist, was abgedeckt werden soll?

Lothar Wenzl: Ich bin ein Mensch, der in Prozessen denkt, und für dich auch ein Veränderungsprozessberater wahrscheinlich. Für mich ist wichtig, dass Intention und Handeln mit einer gehörigen Portion Professionalität und Konsistenz zusammenkommt. Es reicht also nicht, eine gute Intention zu haben, und dann ständig zu scheitern, das geht nicht, nämlich nicht auf Dauer, weil dann kann die Organisation erst einmal nicht gut überleben, aber auf keinen Fall wird sie schön. Also das wichtige ist schon, in jedem Schritt zu versuchen, das Bestmögliche zu tun, um seiner Intention, seinem Anliegen, seinen Zielen, was auch immer treu zu bleiben, und konsistent an dem zu arbeiten.

Und das hat mit Üben zu tun, das war in unserer letzten Folge gerade ein großes Thema, dass wir ständig üben, dranbleiben, wie wir uns selber trainieren. Wie wir natürlich besser werden in dem, wie wir unsere Ziele erreichen, wie wir das in die Welt bringen, was uns dann tatsächlich zu guten Organisationen macht, um eine bessere Welt zu gestalten.

Mari Lang: Hannah, du hast mit deinen Mitgründerinnen als Startup begonnen, also Pop-up zuerst. Aus einer Idee ist ein richtiges Unternehmen geworden. Was würdest du denn sagen, hat euch dabei geholfen, weil du hattest heute schon angesprochen, du möchtest so etwas sein wie jemand, der begleitet, der da ist, der einen Rahmen vielleicht auch gibt, und an der Seite steht. Hattet ihr so etwas auch, solche Menschen?

hannah lux impodcast

Hannah Lux: Ja klar, immer wieder. Also ich glaube, ohne diese Außensicht immer wieder zu bekommen, bleibst du irgendwie hängen, in deinem eigenen Rad. Also ich finde es auch wahnsinnig spannend, was so ein Gründungsweg mit einem als Person macht. Also für mich war und ist die »Vollpension« das größte Lernfeld, das ich mir nur wünschen kann. Und jetzt komme ich in das nächste Lernfeld. Ich sage immer, die »Vollpension« war so ein Herz- und Bauchprojekt, da war am Anfang kein Businessplan.

Da war kein Strategic Planning, und da wollen wir hin, und das sind unsere Meilensteine. Das braucht es dann, damit du Struktur bekommst und auch weiterkommst, und damit etwas weitergeht. Aber die »Vollpension«, ich glaube, das schwingt immer noch mit, und auch im Wachstum mit, und das ist gleichzeitig auch eine riesige Challenge, dass da so viel Herz darin steckt, in diesem Unternehmen.

Und da sind sicherlich sehr stark von uns als Gründerinnen Werte darin. Und es ist geprägt worden, ich nenne es jetzt einfach einmal so komisch, was die Seele dieser Organisation ist. Aber da entsteht dann auch etwas Eigenes, und das finde ich so spannend, wie das geht. Und da dann immer wieder von außen Impulse zu bekommen, Fragen gestellt zu bekommen, und damit immer näher zum Kern und zum Wesenskern der Organisation vorzudringen, das war für uns essentiell, und ohne das glaube ich, hätten wir es nicht geschafft.

Mari Lang: Magst du vielleicht noch einmal kurz zusammenfassen, was waren denn eure Hauptwerte, beziehungsweise der Wesenskern der »Vollpension« am Anfang?

Hannah Lux:  Ich glaube, dass der Wesenskern immer noch sehr ähnlich ist. Das verändert sich sicherlich mit Wachstumsschüben und Schrumpfungsschüben, die es über die Dauer gibt. Aber ein Wert ist sicherlich, wir nennen es Buntheit, also dieses ganz Bewusste, wir sagen hallo zu Diversität, und Diversität nicht als Schlagwort, sondern wirklich. Bis vor kurzem war es so, unser jüngster Mitarbeiter war 18 Jahre, und unsere älteste Mitarbeiterin, die ist immer noch da, die ist jetzt 84 Jahre alt. Also da ist rein vom Generationenspektrum wahnsinnig viel Diversität da. Wir haben 13 verschiedene Nationen im Team.

Da haben wir von einem Syrischen Koch, der 2015 nach Österreich gekommen ist, und der größte Glücksgriff war, für diese Organisation, weil der Abdul Akim sich so hereinhaut, bis über, wir haben jetzt zum Beispiel sieben Ukrainer:innen im Team eingestellt, gleich mit den ersten Menschen, die auf der Flucht waren, die nach Österreich gekommen sind. Also wir begrüßen das auch sehr. Also diese Buntheit ist eine Stärke. Wir sehen das als Stärke, mit all den Herausforderungen, die damit einhergehen. Was sicherlich auch ein Wert ist, ist Wärme, und das ist gar nicht so einfach, diesen Wert zu leben, in einer doch recht kalten Welt manchmal. Und gleichzeitig ist, glaube ich, das das, was ausstrahlt, von der »Vollpension«. Da geht es um diese Mutterwärme vielleicht auch, also etwas ganz Weiches, Warmes, was da mitschwingt. Das wird man spüren, wenn man bei uns zu Gast ist, im Lokal, das spürt man aber auch in Gesprächen mit den Senior:innen, da geht es um Menschenwärme. Und das ist, glaube ich, auch einer der Grundwerte, der da ist.

Ein Wert ist auch, dass wir einen recht hohen Qualitätsanspruch haben, also das ist gerade im Kontext sozialer Organisationen immer wieder ein Thema. Es ist auch schwierig, das zusammenzubekommen, soziale Wert zu verfolgen, und gleichzeitig einen wirklich hohen Qualitätsanspruch und einen kompetitiven Anspruch fast zu haben, ich will mithalten können, mit anderen Lokalen. Das ist ein Wert, den schreiben wir uns auch hin, damit wir uns immer wieder schön daran erinnern können. Und ein anderer Wert ist sicherlich auch Transparenz. Also das sind lauter komische Schlagworte, aber Werte sich klarzumachen, und sich auch irgendwohin zu pinnen, sei es im Kopf, oder wirklich physisch irgendwo im Office oder in den Lokalen, finde ich wichtig, um sich immer wieder auch in schwierigen Zeiten, da sich so ein bisschen einzugrooven, einzupendeln.

Mari Lang:  Ich finde es sehr spannend, dir jetzt zuzuhören, weil du beschreibst, ihr habt begonnen mit Herz und mit Bauch, und ohne Businessplan. Und offenbar waren aber dann Dinge wie Werte total vorhanden, und das ist jetzt für mich als Nichtunternehmerin, und auch nicht aus dem Businessfeld kommend sehr ungewöhnlich, weil ich mir denken würde, das erste ist erst einmal Businessplan, und du musst gewinnorientiert sein, weil von irgendetwas will man auch leben können.

Und ich finde es spannend, dir da zuzuhören, weil das so völlig konträr wirkt, und ihr trotzdem sehr erfolgreich wart. Lothar hat es beschrieben, er hat keinen Platz bekommen. Und du bist nicht der einzige, weil ich war auch öfter dort, und ich habe keinen Platz bekommen, in der »Vollpension«. Wie siehst du das denn, Lothar, im Vergleich auch zu alteingesessenen Unternehmen?

Lothar Wenzl: Ich würde noch gerne etwas sagen zu dem, was gerade entstanden ist, beim Zuhören, weil du gefragt hast: Werte. Ihr habt gesagt, keine Werte jetzt in dem Sinne beschrieben, oder ihr hattet sie doch, und das finde ich das Spannende, wir haben immer Werte. Die liegen immer darunter, und wir glauben immer an etwas. Ich habe es mehr mit den Glaubenssätzen als mit den Werten. Woran glaube ich. Und wenn man etwas gemeinsam glaubt, ich glaube, ihr wart zu dritt, als Gründerinnen, dann muss ich das nicht unbedingt aussprechen.

Wenn ich aber zu einer Organisation werde, da kommen Menschen dazu, die nicht am Gründungsakt beispielsweise beteiligt sind, dann muss ich das irgendwann transparent machen. Vielleicht ist deswegen Transparenz auch wichtig, weiß ich nicht. Jedenfalls muss man dann beginnen, darüber zu reden. Und dann beginnt aber meistens auch damit die Herausforderung, weil wir Menschen an ganz unterschiedliche Dinge glauben, ganz unterschiedlich gepolt und geprägt sind, und dort beginnt dann die organisationale Arbeit. Dort kommen wir dann ins Spiel, und das ist auch wahrscheinlich schon eine Antwort auf die Frage, in großen Organisationen ist dieser Abstimmungsprozess, wir nennen das, unsere Landkarten abzustimmen, und zwar wirklich in der Tiefe, nicht auf der verbalen Ebene, weil wer könnte gegen Transparenz etwas haben, oder wer könnte gegen Wärme etwas haben.

Aber was das dann bedeutet, und wie ich nachher die Organisation baue, wie ich Entscheidungen treffe, wie ich mit der Aufnahme von Menschen umgehe, wie ich zu Diversität stehe, das zeigt sich dann erst in der Praxis, weil die Wahrheit ist immer konkret, die zeigt sich dann dort, wo sie auftritt. Und dann brauche ich abgestimmte Handlungsweisen, und vor allem auch abgestimmte Werte oder Glaubenssätze, und das ist der Unterschied zu großen Organisationen. Und dass die Arbeit natürlich viel aufwendiger, viel schwieriger ist, als in einem Gründungsakt, wo man mit großem Feuer dann arbeitet, das hat andere Herausforderungen, ist für mich schon klar Und gleichzeitig kann man natürlich wahnsinnig viel lernen voneinander.

Mari Lang:  Inwiefern müssen denn große Organisationen ihre Werte immer wieder hinterfragen, beziehungsweise auch in Abstimmung gehen, mit der Größe, zu der sie geworden sind, und den Mitarbeiter:innen, die dort arbeiten, und so weiter und so fort?

Lothar Wenzl: Das ist eine Frage, da kommen wir schon zu dem Begriff »Schöne Organisation. Für mich sind »Schöne Organisationen« soziale Systeme, die über ihre Glaubenssätze reden, oder sie prozessieren, und die immer wieder zur Disposition stellen. Jetzt nicht mit allen ständig, da braucht man gute Kommunikationsprozesse, das können wir, viele, aber die wirklich zur Disposition stellen, nur die Frage, glaube ich an unendliches Wachstum, auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen.

Da wird jeder wahrscheinlich vom Bauch aus sagen, natürlich nicht, aber die Organisationen sind darauf gebaut, die meisten. Und darüber zu reden, was heißt das jetzt, oder glaube ich daran, dass die Menschen tatsächlich vollkommen eigenverantwortlich arbeiten und selbstverantwortlich denken und handeln können. Oder glaube ich daran mit Einschränkungen. Und da kommen wir dann schon in Felder, wo es tatsächlich interessant wird. Diese Diskussion wird leider kaum geführt.

Mari Lang: Führen wir sie jetzt. Bleiben wir beim Beispiel unendliches Wachstum. Wenn eine Organisation jetzt darauf aufgebaut ist, wenn das jetzt der Hauptwert ist, und wir wissen, du hast es jetzt gesagt, wir würden alle abnicken, wenn der Planet aber keine unendlichen Ressourcen hergibt, sondern irgendwann ist es vorbei, was machen wir mit diesem Wert, wie gehen wir damit um, als Organisation?

Lothar Wenzl: Für mich ist die Frage gar nicht so sehr, wie gehen wir mit dem Wert um, sondern wie gehen wir mit dem Diskussionsprozess um, oder der Art und Weise, wie wir darüber reden. In vielen Fällen sind diese Fragen tabuisiert, aus unterschiedlichen Gründen, weil es ist angenehm. Ich nehme mich überhaupt nicht aus. Das Business gut, und man macht gute Gewinne, wer würde auf dieser Welle nicht surfen wollen. Und gleichzeitig, wer stellt dann diese wichtigen Fragen.

Wie kommt man in einen Dialog über die Frage, begrenzen wir uns selber, wie gehen wir mit diesen Werten um, und Leben wir diese Werte tatsächlich? Wer gibt dieses Feedback den Hierarchien nach oben? Und wer nimmt das tatsächlich auch so freundlich? Haben wir gelernt, Feedback gut zu nehmen, haben wir gelernt, müssen wir gut annehmen, ist ein Geschenk. Aber in der Tat, dringt das durch, gehen wir mit dem in Resonanz, wenn wir diesen Begriff hier immer wieder hier strapazieren, oder nicht. Und dort beginnt erst die spannende Arbeit in Organisationen, und da kommen die Werte und Glaubenssätze und alles natürlich massiv ins Spiel.

Hannah Lux: Ich würde da gerne etwas anschließen. Ich glaube, dass man da oft überhaupt nicht ernsthaft hineingeht, in dieses warte einmal, wenn wir jetzt nicht ewig so weitermachen können, was heißt denn das eigentlich. Das macht richtig Angst, weil was tue ich denn dann, wenn ich nicht ständig in meinem Rad weiterradeln kann, und irgendwann macht es bum. Und wir tun aber so, als würde das jetzt noch ewig so weitergehen, und es wird immer sichtbarer und sichtbarer, dass das vielleicht doch nicht geht. Und ich habe das Gefühl, es bräuchte viel öfter den Moment, wo man einmal wirklich kurz die Klappe hält und einmal in sich geht, und das einmal sickern lässt, und das einmal einfach da sein lässt, die Angst, die damit verbunden ist, dass es so nicht mehr weitergeht.

Ich glaube, das ist der allererste Schritt für jeden und jede Einzelne von uns, und da bin ich nicht ausgeschlossen. Weil dieses, ich weiß nicht, wie es geht, da haben wir auch neulich darüber gesprochen, Lothar, ist meiner Meinung nach essenziell, dass sich wirklich etwas verändern kann auf der Welt, weil in dem Moment, wo ich zugebe, in erster Linie mir selbst eingestehe, dass ich nicht weiß, wie es geht, kann ein Raum aufgehen, wo Neues entstehen kann.

Mari Lang: Gut, dieses Gefühl, das nicht Wissen, wie es weitergehen soll, kennt wahrscheinlich jede Unternehmerin und jeder Unternehmer. Hier im Podcast weiß man nicht so genau, wer jetzt die Schöne ist, wer das Biest. Man wird es immer wieder herausfinden. In dem Fall bin ich jetzt kurz das Biest, und bin ein bisschen provokant. Das redet sich sehr leicht, wenn man ein Unternehmen wie die »Vollpension« hat, die auf den ersten Blick, was den Klimawandel zum Beispiel betrifft, nichts Negatives leistet, die, was soziale Strukturen betrifft, total Positives leistet, weil sie Generationen zusammenführt, weil sie sich Gedanken macht, wie gehen wir mit älteren Menschen um, und so weiter und so fort.

Wenn ich jetzt zum Beispiel ein großer Konzern bin, der in der Plastikindustrie tätig ist, muss ich mir ganz andere Fragen stellen mit dem, wie soll es weitergehen. Wie geht ihr denn mit solchen Unternehmen um in der Beratung, damit die trotzdem in Bewegung kommen, weil schlussendlich unser aller Ziel ist, ich sage es jetzt ganz vereinfacht, dass wir einen Planeten erhalten, auf dem es auch in Zukunft wert sein wird, Leben zu können, nämlich gut leben zu können, schön leben zu können?

Lothar Wenzl: Also ich bin weit davon entfernt, auch hier wieder nicht in Perfektion zu denken. Die verkaufen noch Plastik und stellen noch Plastik her, oder was weiß ich was. Die Frage ist nur, wo wir jetzt stehen, welchen Veränderungspfad gehen diese Unternehmen, was wollen die jetzt in dieser Welt für sich selber, und für die Welt neu entwickeln, und zwar so entwickeln, dass regeneratives Wirtschaften möglich wird, dass wir damit nicht unsere Lebensgrundlage nehmen. Und das sind mir die liebsten in der Beratung, die sich diesen Fragen stellen wollen. Und dann kommen wir wieder auf die ganz ursächlichsten Glaubenssätze, auf all diese Fragen zurück, die dann auf den Tisch gelegt werden müssen, und dann muss man sich damit auseinandersetzen, wie ist es denn dann mit unserer Produktion von XY.

Und es gibt auch viele Unternehmen, die auf dem Wege bereits sehr erfolgreich im Sinne von sehr regenerativ unterwegs sind. Die üblichen Verdächtigen kennt mittlerweile jeder, aber es gibt auch viele, die im Hintergrund massiv an ihrer Wertschöpfungskette arbeiten, sie verändern, und auch von denen können wir natürlich wahnsinnig viel lernen. Wie haben denn die begonnen? Und das geht letztlich immer um die Frage, woran glauben wir, und woran glauben wir auch, dass wir letztlich immer noch ein Geschäft machen können, weil es geht letztlich doch um ein Business, und da muss ich so viel Profit machen, dass ich als System gut überleben kann.

Hannah Lux: Also ich glaube, das Wort Profit ist auch etwas, was wir uns einmal genauer anschauen dürfen. Also wenn das Wort Profit fällt, dann denkt man gleich an die Kohle, so flapsig gesagt, wie ich bin. Und ich nenne es jetzt einmal nicht Profit, sondern Rendite, das gefällt mir irgendwie besser. Wenn wir von Rendite sprechen, dass wir das als selbstverständlich in Zukunft vielleicht sehen, dass es nicht nur um eine monetäre Rendite geht, sondern um eine soziale und ökologische Rendite, das wäre zum Beispiel ein Weg, den ich sehe, dass das etwas ist, was in Zukunft vielleicht auch messbar wird, und was für mich als »Schöne Organisation« zum Selbstverständnis wird, dass mein Ziel nicht nur ist, monetäre Rendite zu erwirtschaften, sondern soziale Rendite.

Und das kann sein, meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen geht es besonders gut, und ich unterstütze die auf ihrem Weg, durch diese unsichere Welt zu kommen. Oder man ist eine soziale Organisation, wie es im Falle der »Vollpension« ist, und dann habe ich ganz dezidiert das Ziel, Menschen zu beschäftigen, die sonst vielleicht keine Art der Beschäftigung finden würden. Und dasselbe gibt es für ökologische Rendite. Also ich glaube, da gibt es auch Begrifflichkeiten, die wir einfach viel breiter denken dürfen, damit in Zukunft »schöne Organisationen« möglich sind.

Lothar Wenzl: Wie habt ihr die denn gedacht, diese Rendite, bei euch in der »Vollpension«?

Hannah Lux: Es gibt da unterschiedliche Definitionen, was ein Sozialunternehmen ist. Und für uns heißt Social Business sein, dass monetäre Zielsetzungen und soziale Zielsetzungen gleichbedeutend wichtig sind, und das ist ein ganz schön hochgestecktes Ziel, und ein ständiger Balanceakt aus, bin ich jetzt mehr im wirtschaftlichen Denken darin, oder mehr im sozialen Denken darin. Wir haben zum Beispiel eine Quote für uns, wie viel Prozent unserer Mitarbeiter:innen Seniorinnen und Senioren sind, die von Altersarmut betroffen sind und alleinlebend sind, und wenn wir diese Quote nicht erfüllen, dann ist das genauso schlecht, so wie wir denken, wie wenn wir unsere Umsatzziele nicht erfüllen würden.

Und in diesem Spannungsfeld eine Organisation zu steuern, das heißt, mit Polaritäten umgehen zu können, und da immer wieder in Balance zu kommen. Das heißt ganz viel Stakeholdermanagement, ganz viel Kommunikation mit unterschiedlichsten Leuten, mit Leuten, die an der Organisation andocken, mit Mitarbeiter:innen, mit Fördergeber:innen, mit was weiß ich allem. Und das ist wirklich harte Arbeit. Also ich sage nicht, dass das einfach ist, an einer »schönen Organisation« zu arbeiten, aber ich glaube, das kann die Zukunft sein, wie wir durch diese Welt halbwegs gut durchkommen.

Mari Lang: Dass es nicht nur einfach ist, eine »schöne Organisation« zu werden, oder diese zu sein und auch zu bleiben, ich glaube das werden wir hier im Laufe der Podcast-Folgen noch Herausfinden. Worum es, glaube ich, hier geht ist, vor allem aber die vor dem Vorhang zu holen, die es vielleicht schon geschafft haben, oder die zumindest Visionen haben, wie wir dorthin kommen können.

Was ich mir aus dieser Folge, weil wir müssen zum Ende kommen leider schon, auf jeden Fall mitnehme, ist, dass wir alle Werte haben, egal ob wir sie definiert haben oder nicht. Dass es manchmal vielleicht gar nicht so schlecht ist, auch in größeren Unternehmen und vielleicht in alteingesessenen, Entscheidungen auch aus dem Bauch heraus zu treffen, mit ein bisschen Mut gewürzt. Und, dass Kommunikation auch sehr, sehr wichtig ist.

Lothar Wenzl: Ja, ich ergänze noch das Letzte, was du gesagt hast, weil mir das wichtig ist, in der Steuerung von Organisationen, weil die Steuerung von Organisationen sehr verengt war und immer noch ist, auf Zahlen, auf Gewinn, und zwar Gewinn, den man in Geld ausdrücken kann. Die Frage ist, wir können das steuern, was wir in den Blick nehmen können, nicht nur was wir messen können, was wir in den Blick bekommen, und dafür brauchen wir aber Sprache.

Dafür brauchen wir, ihr habt es soziale Kennzahlen genannt. Auch wir arbeiten als Organisation gerade an der Frage, woran messen wir eigentlich unseren Erfolg, abseits von Umsatz. Das sind die Fragen, um die es gehen wird, und die werden wir in den nächsten Podcast-Folgen sicher genauer beleuchten.

Mari Lang: Hannah, vielen lieben Dank für das Kommen, weiterhin viel Erfolg, gemeinsam mit Trainconsulting. Ich bin sehr gespannt, was da alles kommen wird.

Hannah Lux: Dankeschön.

Mari Lang: Und wir haben schon ein paar Mal darüber gesprochen, dass beim Begriff Schönheit auch der Kontrast immer wichtig ist. Wir haben mit dem Schnuppern begonnen, ich werde jetzt auch mit dem Schnuppern enden. Ich habe jetzt hier noch einmal den Anis.

Vielleicht geht es mit dem Kontrast doch; und es wird irgendwann schön. Und schön wird es für uns vom »Die Schöne und das Biest«-Podcast auf jeden Fall, wenn Sie, beziehungsweise ihr den Podcast abonniert, weiterempfehlt, und ihm auf den diversen Streaming-Plattformen eine fünf Sterne Bewertung gebt.

Lothar Wenzl: Danke.

Mari Lang: Immer noch grauslich.

Mari Lang: Das war »Die Schöne…

Lothar Wenzl: und das Biest«.

Marie Lang: Ein Podcast von

Lothar Wenzl: Marie Lang…

Mari Lang: und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl.

Portrait von Lothar Wenzl

Lothar Wenzl

Systemischer Unternehmensberater für tiefgreifende Transformationsprozesse, die schöne und erfolgreiche Organisationen gestalten helfen.

l.wenzl@trainconsulting.eu
+43 664 150 23 70

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