Podcast: Die Schöne und das Biest. Staffel 2 #02 Stefan Engleder

Stefan Engleder. Über Kunststoff als nachhaltige Zukunftsressource und wie Krisenzeiten ein Unternehmen vorantreiben.

Trainconsulting Geschäftsführer und Unternehmensberater Lothar Wenzl und Journalistin, Autorin und bekennende Feministin Mari Lang reden in dieser Folge von »Die Schöne und das Biest. Warum schöne Organisationen die Welt verändern« mit Dr. Stefan Engleder.

Herr Dr. Engleder ist Geschäftsführer des österreichischen Spritzgießmaschinen-Herstellers Engel, ein Unternehmen, das in vierter Generation geführt wird und Kunststoff-Formteile produziert und Niederlassungen auf der ganzen Welt hat.

Wie geht ein traditionsreiches Unternehmen wie Engel mit ständigen Krisen um? Und wie nachhaltig kann ein Kunststoff-Hersteller überhaupt sein? Welches Führungsmodell und Struktur wird bei Engel gelebt und welche Herausforderungen birgt ein Familienunternehmen, wenn die Führungsebene aus »eigenem Hause« kommt. Ein interessantes Gespräch über Bodenständigkeit, Demut und die Frage, was ist Kunststoff und was Plastik?

Jetzt ist das ein Podcast und Sie sehen mich nicht. Aber ich bin der klassische Homotechnicus. Ich wurde sehr oft als sehr strikter, Kennzahlen-getriebener, optimierender Geschäftsführer wahrgenommen bei Mitarbeiter:innen, die mich nicht gekannt haben. Jene, die direkt mit mir zusammenarbeiten, haben mich anders kennengelernt. Aber das hat mich sehr nachdenklich gemacht, wie ich auf Menschen wirke, die nicht in meinem direkten Schaffens- und Wirkungsumfeld sind.

Stefan Engleder
Stefan Engelder Podcast die Schöne und das Biest Trainconsulting Staffel 2

Dr. Stefan Engleder studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Wien. Er lebt mit seiner Familie mit Blick auf das Werk in Schwertberg, Oberösterreich.

2016 übernimmt er von seinem Onkel, Peter Neumann, die Führung des in vierter Generation geführten österreichischen Unternehmens Engel, Produzent und Weltmarktführer von Spritzgießmaschinen. Engel wurde 1945 von seinem Urgroßvater gegründet.

Bevor Dr. Engleder Geschäftsführer wurde, verantwortete er das Technikressort bei Engel.

In seiner Freizeit hört er gerne klassische Musik und spielt Gitarre.

Kunststoff ist Zukunft. Ein modernes Leben ohne Kunststoff ist unvorstellbar. Die Frage ist, was ist Plastik und was ist Kunststoff?

Stefan Engleder

Wir wollen nicht nur über das Besserwerden reden, wir wollen tatsächlich besser werden. Senden Sie uns Feedback an dieschoeneunddasbiest@trainconsulting.eu.

Wer nicht hören will, muss lesen! Hier der Podcast zum Nachlesen:

»Die Schöne und das Biest. warum schöne Organisationen die Welt verändern.«
Ein Podcast von Mari Lang und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl

Stefan Engleder: Unser Purpose ist Be-the-first interessanterweise. Und die Berater haben damals die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, da es unser Claim ist. Unser Claim ist 20 Jahre alt. Aber wir haben gesagt, Be-the-first passt zu uns. Naheliegenderweise gilt das für Innovationsstärke. Ja, Engel ist Innovationsführer. Wir sind gefühlt ständig in der Krise. Jetzt geht es wieder mal rauf und mal runter. Leider geht es gerade runter.

Lothar Wenzl: Die langfristige Ausrichtung des Nichtreagieren auf jede Mode, sondern dran zu bleiben, über Generationen zu denken und so zu investieren, ist was Familienunternehmen, und das sage ich bewertend, hinzu positiv unterscheidet von vielen großen Konzernen.

Stefan Engleder: Das Thema Demut ist im Familienunternehmen ganz wichtig und sehr kontroversiell diskutiert. Aber im eigenen Sinn, nämlich zu sagen, wir stellen uns in dem Sinn etwas Höheres, das ist bedeutender als man selbst, weil als Geschäftsführer man auf den Egotrip gehen könnte, sondern man stellt sich in den Dienst einer Sache.

Mari Lang: Die Kriterien, die Sie beschreiben, hört man nicht als Erstes bei der Verfolgung eines üblichen Besetzungsprozesses. Sie sind selbstreflektiert, arbeiten an sich selbst und sind bereit zur Veränderung.

Stefan Engleder: Jetzt ist das ein Podcast und Sie sehen mich nicht. Aber ich bin der klassische Homotechnicus. Ich wurde sehr oft als sehr strikter, Kennzahlen getriebener, optimierender Geschäftsführer wahrgenommen bei Mitarbeitinnen und Mitarbeiter, die mich nicht gekannt haben. Jene, die direkt mit mir zusammenarbeiten, haben mich anders kennengelernt. Aber das hat mich sehr nachdenklich gemacht, wie ich auf Menschen wirke, die nicht in meinem direkten Schaffens- und Wirkungsumfeld sind.

Lothar Wenzl: Spannend.

Mari Lang: Ja, es ist durchaus spannend, worum es in dieser Podcastfolge geht. Stefan Engleder, CEO des Spritzgießmaschinenherstellers Engel in Oberösterreich, gibt Einblick in die Strukturen und Arbeitsweisen des traditionsreichen Unternehmens, das 1945 von seinem Urgroßvater gegründet worden ist. Er erzählt, inwiefern das Thema Nachhaltigkeit in der Plastikindustrie eine Rolle spielt. Davor tauchen wir kurz ab. Wem auch immer was dazu einfällt, gerne.

Lothar Wenzl: Ein Ort, an dem ich mal leben werde. Am Meer.

Stefan Engleder: Der letzte Urlaub.

Mari Lang: Der letzte Urlaub?

Stefan Engleder: (lacht) Ja.

Mari Lang: Wo war der letzte Urlaub?

Stefan Engleder: In Kroatien.

Mari Lang: Schön. Beim Meer, ich bin nun ein bisschen gemein, da wir alle schöne Erinnerungen assoziieren mit schönen Bildern mit Meer. Manch einer oder eine denkt beim Meer an Plastikmüll. Und da sind wir mitten im Thema, da viel Plastikmüll im Meer landet. Ist das für Sie in irgendeiner Form ein Thema, wenn Sie in Kroatien am Meer Urlaub machen?

Stefan Engleder: Ja, auf jeden Fall. Es hat schwere Stürme im Sommer gegeben und wenn man an der Bucht mit dem Segelboot anlegt und überall das Plastik rum liegen sieht, ist das verstörend. (Musik)

Mari Lang: Ich höre wunderschöne Gitarrenmusik und jemanden, der richtig gut spielen kann. Wobei ich keine Expertin bin (lacht).

Lothar Wenzl: Und der Regen im Hintergrund.

Mari Lang: Ja.

Lothar Wenzl: Schön

Stefan Engleder: Ich höre sehr gerne viel klassische Musik. Das ist nicht klassisch. Ich versuche manchmal, Gitarre zu spielen. Zwar nicht so toll, aber man braucht einen Ausgleich.

Mari Lang: Das heißt, Musik machen ist für Sie ein Ausgleich?

Stefan Engleder: Ja, auf jeden Fall.

Mari Lang: Da seid ihr zu zweit. Musik ist für dich, Lothar, ein sehr wichtiges Element?

Lothar Wenzl: Absolut. Ich habe Klavier gelernt und bin Sänger. Vielleicht nehmen wir mal was mit Gitarre und Gesang auf.

Mari Lang: Ich mache dann das Rauschen im Hintergrund. Das klingt dann wie Regen (lacht).

Intro: Die Schöne und das Biest. Warum schöne Organisationen die Welt verändern. Ein Podcast von und Marie Lang und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzel.

Mari Lang: Herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe von die Schöne und das Biest. Lothar Wenzel und ich, Marie Lang, sitzen heute wieder in unserem Podcast-Studio.

Lothar Wenzl: Hallo.

Mari Lang: Und haben es hoffentlich sehr fein.

Lothar Wenzl: Ich freue mich auf das Gespräch.

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Mari Lang: Wir sind auch dieses Mal nicht alleine, sondern mit Stefan Engleder. Er ist CEO der Firma Engel aus Oberösterreich, der weltweit führende Hersteller von Spritzgießmaschinen zur Herstellung von Kunststoff-Formteilen. Ich sage ein paar Worte dazu.

Vertriebs- und Produktionsstandorte gibt es von Oberösterreich über Tschechien, die USA bis nach China und Mexiko. Rund 7.400 Mitarbeiter:innen arbeiten bei Engel. Und das Spannende ist, dass das Unternehmen in vierter Generation als Familienunternehmen geführt wird von Stefan Engleder als Teil der vierköpfigen Geschäftsführung. Herzlich Willkommen, Herr Engleder.

Stefan Engleder: Hallo.

Mari Lang: Wir haben es uns im Podcast zum Ziel gemacht, über schöne Organisationen zu sprechen, was diese ausmacht, wo die Herausforderungen auf dem Weg zu einer schönen Organisation liegen und wie Unternehmen die Welt zu besser machen können. Herr Engleder, würde Sie sagen, Engel ist ein schönes Unternehmen und wenn ja, woran erkennt man das konkret?

Stefan Engleder: Das Wort »Schön« habe ich in dem Zusammenhang noch nie gehört. Ich glaube, wir machen sehr viel, um unter Anführungszeichen schön zu sein. Wir bemühen uns sehr, was das Thema Nachhaltigkeit und unsere Mitarbeiter betrifft. Das sieht man an Gebäuden. Das sieht man an unseren energiesparenden Lösungen, die lange leben. Wir bemühen uns, was das betrifft.

Mari Lang: Wir wollen heute vor allem über zwei Themenbereiche sprechen. Zum einen über die Art der Unternehmensführung. Sie haben die Mitarbeiter:innen schon angesprochen. Das Unternehmen ist vor einem Jahr mit drei neuen Geschäftsleitern neu aufgestellt worden. Es gibt einen neuen Purpose, der mit Be-the-first ausgerufen worden ist. Und wir wollen uns auch, wie Sie gesagt haben, das Thema Nachhaltigkeit genauer anschauen, da die Nachhaltigkeit und Plastikindustrie immer wieder heftigst diskutiert wird und auch recht schwierig ist.

Krisen gibt und gab es genug. Ein paar, für die, die es nicht wissen. 2002 ist aufgrund einer Flutwelle ein Großteil der Fertigungs- und Logistikfläche am Hauptstandort in Schwertberg zerstört worden. Anstatt abzuwandern, ist alles wieder neu aufgebaut worden. Der damalige CEO Peter Neumann ist in Gummistiefeln ins Werk gestapft und hat damit Verantwortung für die Mitarbeiter:innen signalisiert, wie mir erzählt wurde. Gleichzeitig habe ich gelesen, dass bei Engel der bedingungslose Einsatz bis in die untersten Ebenen gefordert wird. Was bedeutet das konkret? Das war jetzt sehr, sehr viel. Und welches Führungsmodell wird bei Engel gelebt?

Stefan Engleder: Sie haben Recht. Wir haben diverse Krisen hinter uns. Wir sind gefühlt ständig in der Krise. Jetzt geht es wieder mal rauf und mal runter. Leider geht es gerade runter. Um auf die Hochwasserkrise 2002 zu reflektieren, ja die ganze Familie ist in Gummistiefeln gestanden und hat geholfen, die Schäden zu beseitigen.

Es war mein Großvater, Georg Schwarz, der die Klarheit gehabt und gesagt hat: »Ja, wir bauen diesen Standort wieder auf.« Und das hat eine unglaubliche Motivation ausgelöst, weil das war zum damaligen Zeitpunkt nicht sicher, ob das wieder genau an dem Ort erfolgt. Die Landesregierung, die Gemeinde und der Bund haben geholfen, den Standort Hochwasser sicherer zu machen, wofür wir sehr dankbar sind. Das gehört auch dazu, ansonsten wäre das nicht in Ordnung, wenn man am selben Ort mit denselben Möglichkeiten das wieder aufbaut und wir sind jetzt gut geschützt.

Mari Lang: Diese Gummistiefel waren auch ein schönes Bild. Ist dieses Anpacken, wenn es schwierig wird bei Engel, etwas das bei Engel von ganz oben gelebt wird und dort zu sein, wo Not am Mann ist?

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Stefan Engleder: Bodenständigkeit gehört auf jeden Fall dazu. Ob wir dann überall in Gummistiefeln stehen, ist dahingestellt. Da Sie die Geschäftsführung angesprochen haben, sind wir alle bis auf unseren kaufmännischen Geschäftsführer aus dem eigenen Haus. Wir haben von der Pike auf das Chef sein gelernt und mit der Geschäftsführung kann man über Details sprechen. Wir fordern das auch ein. Das ist unser Selbstanspruch in der Geschäftsführung. Das fordern wir auch von unseren Managern ein, dass wir nicht in der Blabla-Wolke landen und wissen, wovon wir reden.

Mari Lang: Lothar, von deiner Seite als Unternehmensberater. Wenn wir jetzt an Familienunternehmen denken, gibt es da irgendwelche speziellen Kriterien, die man bei Engel zum Beispiel merken könnte?

Lothar Wenzl: Nein. Das wichtigste Merkmal von Familienunternehmen wurde in dieser Krisensituation beschrieben. Wir bauen diesen Standort wieder auf, weil wir uns der langfristigen Verantwortung auch in der Community, in der Gesellschaft, in der Region und für die Menschen bewusst sind.

Das ist sicher etwas, was Familienunternehmen besonders macht. Das erleben wir immer wieder. Also die langfristige Ausrichtung des Nichtreagieren auf jede Mode, sondern dranzubleiben, über Generationen zu denken und so zu investieren, ist was Familienunternehmen, und das sage ich bewertend, hinzu positiv unterscheidet von vielen großen Konzernen.

Das wäre für mich das eine. Das andere, was einhergeht und möglicherweise immer wieder disfunktional wird, wir sind alle Gewächse aus dem eigenen Haus. Das hat viele Vorteile. Aber es hat auch Nachteile. Und da ist die Mischung zwischen, wie kriegen wir genügend Außensicht und ein neues Denken in die Organisation, immer wieder eine große Herausforderung für die Familienunternehmen. Wie sehen denn Sie das? Wie gelingt euch das, diese Balance herzustellen oder hinzukriegen? Sie haben genickt, als ich das gesagt habe.

Stefan Engleder: Ja, das stimmt. Man läuft natürlich Gefahr nur die Innensicht einzunehmen. Das ist zum Beispiel auch ein Grund, warum ich als CEO auch den Vertrieb übernommen habe, um die Außensicht reinzutragen, weil das Maß aller Dinge der Kunde ist. Als österreichisches Unternehmen oder German-Ingeniering Unternehmen muss man aufpassen, dass man nicht over-ingeniert.

Das Maß der Dinge ist den Kunden zu verstehen. Wir haben in den letzten Jahren viele Mitarbeiter:innen aufgenommen. Bei uns ist nicht alles rein entstanden ist. Wir sind auf 7.400 Mitarbeiter:innen gewachsen und haben sehr viele junge neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen, die in den Führungsebenen platziert sind und ordentlich Stoff geben. Die sagen uns, was sie von draußen mitnehmen und das tut uns gut.

Lothar Wenzl: Was passiert, wenn die Stoff geben? Wie reagiert die Belegschaft oder die Führungsriege, die lange da ist?

Stefan Engleder: Also einer der wichtigsten Kriterien oder Initiativen, die wir mittlerweile vor zehn Jahren gestartet haben, war eine positive Feedback-Kultur. Wir haben sehr viel gelernt und an uns gearbeitet. Mit uns meine ich nicht nur die Geschäftsführung, sondern das gesamte Management.

Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die lernen müssen, offen zu sein. Manchmal ist das nicht so, dass das von oben diktiert wird, nicht offen sein soll und nicht alles hören will, sondern das ist eine Art vorauseilender Gehorsam, der unglaublich lähmt. Wir arbeiten daran methodisch durch Kaminabende, durch offene Gespräche und wie vorher besprochen, durch die Bodenständigkeit, indem man die Mitarbeiter direkt adressiert und fragt. Interessanterweise bekommt man ein offenes Feedback.

Lothar Wenzl: Was war das schwierigste Feedback als Management oder Führungsriege, dass Sie bekommen haben, wo Sie geschluckt haben und es etwas mit Emotionen verbunden war?

Stefan Engleder: Schauen Sie, ich komme aus der Technikecke. Das ist unverkennbar. Jetzt ist das ein Podcast und Sie sehen mich nicht. Aber ich bin der klassische Homotechnicus. Ich wurde sehr oft als sehr strikter, Kennzahlen-getriebener, optimierender Geschäftsführer wahrgenommen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mich nicht gekannt haben. Jene, die direkt mit mir zusammenarbeiten, haben mich anders kennengelernt. Aber das hat mich sehr nachdenklich gemacht, wie ich auf Menschen wirke, die nicht in meinem direkten Schaffens- und Wirkungsumfeld sind.

Lothar Wenzl: Spannend.

Mari Lang: Sie sind sehr, sehr jung zum CEO geworden. Sie sind als Urenkel des Unternehmensgründers Ludwig Engel 2016 zum CEO gewählt worden. Da waren Sie, glaube ich, nicht mal 40 Jahre alt. Das Durchschnittsalter von CEO´s, die neu in das Amt kommen, liegt im DACH-Raum bei 50 und global bei 53. Das heißt, unter 40 und Sie waren 38, was sehr jung ist. Sie haben über die Außenwahrnehmung und die Eigenwahrnehmung gesprochen. Glauben Sie, das hatte auch etwas mit Selbstschutz zu tun, weil Sie sehr jung waren und sich daraufhin eine Art angeeignet haben, um ernst genommen zu werden? Das stelle ich mir sehr schwierig vor.

Stefan Engleder: Das kann sein und war sicherlich nicht bewusst. Als ich CEO geworden bin, habe ich knapp zwei Jahre gebraucht, um mich in der Rolle wohlzufühlen, weil das waren doch große Stiefel, in die ich gestiegen bin. Ich muss sagen, je länger man das macht und in einer Rolle ist, desto mehr akzeptiert man sie und desto wohler und lockerer fühlt man sich.

Mari Lang: Da fällt mir das Stichwort Druck ein. Das hatten wir in der vorherigen Podcastfolge mit Rainer Kalkbrenner, CEO von ACP. In dieser Folge haben wir darüber gesprochen, dass Druck kein guter Antreiber ist und das Gegenteil passiert, wenn auf Mitarbeiter:innen Druck ausgeübt wird.

Ich sehe es ein bisschen umgekehrt, nämlich auf Managementebene auch der Eigendruck, den man sich selbst macht oder bekommt, da man Zahlen vor sich hat und Umsätze machen muss. Wie gehen Sie mit Thema Druck persönlich um? Denn oft wird Druck an Mitarbeitende weitergegeben.

Stefan Engleder: Ja. In Krisenzeiten ist es wichtig, dass man mit Besonnenheit und mit Umsicht agiert und nicht hysterisch durch die Firma läuft und sagt, die Welt geht unter. Das ist eine ganz wesentliches Merkmal und eine Eigenschaft, die die ganze Geschäftsleitung mitnehmen muss. Es gelingt uns nicht schlecht, das zu machen.

Ich habe nicht umsonst das Stück von Dominik Miller mitgenommen »Wie gehe ich mit Druck um?« Ich versuche abzuschalten und versuche gewisse Dinge, die man beeinflussen kann, zu beeinflussen und die Dinge, die man nicht beeinflussen kann, auszublenden. Der Tag hat nur 24 Stunden und man sollte sich mit den Themen beschäftigen, die man direkt beeinflussen kann.

Frau Lang, Sie haben vorher etwas gesagt, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfordern, das Maximale zu liefern und so weiter. Einfordern ist ein hartes Wort. Ich glaube, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei uns arbeiten, wissen, was notwendig ist und das freiwillig bringen. Es ist nicht so, dass wir pushen, sondern das kommt automatisch. Das zeichnet uns aus, dass wir viele motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die das freiwillig tun und diese Extrameile gehen. Das fordern sie auch ein von anderen und das macht dann am Ende vom Tag auch Spaß.

Lothar Wenzl: Was denken Sie, woher das kommt? Wie ist es diesen Unternehmen gelungen zu wissen, dass es diesen starken Antrieb gibt? Offensichtlich so, wie Sie es erzählen.

Stefan Engleder: Ich glaube, den gibt es, weil das sagen uns andere Firmen oder Lieferanten zum Beispiel, die uns besuchen und sagen: »Das ist Wahnsinn, wie ihr motiviert seid. Wenn man da durch geht, man merkt es prompt.«

Ich glaube, es liegt daran, dass wir es auf der einen Seite vorleben, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, dass nicht die Geschäftsführung jetzt am Golfplatz steht unter Anführungszeichen, das Wohl der Firma dranhängt und sie einen Beitrag liefern können. Es ist nicht ein anonymes Management und eine anonyme Masse, wo man irgendetwas beisteuert und kommt da mehr oder weniger Profit dabei raus, sondern ich glaube schon, dass viele wissen, wofür sie das Ganze tun und wie wichtig ihr Beitrag ist. Sie sind dementsprechend selbstmotiviert.

Lothar Wenzl: Wir haben in unseren Kriterien beschrieben als schöne Organisationen und haben den Begriff bewusst gewählt. Wie Sie sagen, ungewöhnlich in dem Zusammenhang. Deswegen stellen wir ihn hin. Schöne Organisationen arbeiten immer wieder oder kontinuierlich an einer besseren Welt jetzt unter Anführungszeichen, ökologisch, sozial, gesellschaftlich. Was macht Engel für eine bessere Welt?

Stefan Engleder: Beginnen wir bei unserem Kernprodukt, der Spritzgießmaschine. Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, den Energieverbrauch deutlich zu reduzieren. Wenn das umgelegt werden würde auf ein Auto, dann würden wir unter einen Liter pro 100 Kilometer kommen. Das sind Kraftwerke, die man dann einspart, wenn man auf die installierte Basis sieht. Das ist das eine Thema.

Das zweite Thema ist das Thema Recycling. Wir haben vorher über das Thema Müll und Müllvermeidung gesprochen. Hier haben wir Entwicklungen getrieben, um recyceltes Material verarbeiten zu können. Das klingt einfacher als es ist. Es ist schwierig und da haben wir prozesstechnisch Vieles in die Hand genommen. Das ist auf der Produktseite. Auf der Unternehmensseite sind wir globaler geworden und das zählt zur Nachhaltigkeit, weil es findet eben nicht alles in Oberösterreich statt.

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Marie Lang, Sie haben vorher erwähnt, dass wir Standorte in Asien, Tschechien und neu in der Planung auch Mexiko haben und so weiter, wir globaler werden und Spaß daran finden, global zu arbeiten. Das sehen wir nach der Corona- Pandemie, wie wichtig es ist, nicht nur im Homeoffice zu sein und über Teams zu kommunizieren, sondern den Leuten begegnen zu können und mit ihnen arbeiten zu können. Das ist extrem wichtig.

Lothar Wenzl: Wir bewegen uns im zweiten Kriterium. Das würde ich gerne mit abfragen. Das zweite Kriterium heißt, schöne Organisationen thematisieren und arbeiten an ihren Glaubenssätzen ständig. Woran glauben Sie denn?

Stefan Engleder: Also unser Purpose ist Be-the-first ganz interessanterweise. Und die Berater:innen haben damals die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, da es unser Claim ist. Unser Claim ist 20 Jahre alt. Aber wir haben gesagt, Be-the-first passt zu uns. Naheliegenderweise gilt das für Innovationsstärke. Ja, Engel ist Innovationsführer. Aber es gilt nicht nur für das Thema Innovation. Das ist viel weitreichend, denn wir wollen die ersten sein im Schaffen von Kundennutzen. Das heißt, wenn Kunden uns adressieren, dann können sie sicher sein, dass wir die bestmögliche Lösung für sie schaffen, damit sie wieder vorne bleiben. Ich will kein Namedropping veranstalten.

Es gibt namhafte Unternehmen, die unsere Lösungen kaufen und die machen das aus gutem Grund. Sie wollen vorne dabei bleiben und diese Motivation, das für den Kunden zu machen, diese Extrameile, wie ich vorher gesagt habe, zu gehen und das ist ganz wichtig. Der dritte, große Meilenstein ist auch Be-the-first im Unternehmen. Man verbringt sehr viel Zeit oder Wachzeit im Unternehmen. Unabhängig davon, wie viel man verbringt, das was man verbringt, sollte sinnstiftend sein und Spaß machen.

Es muss nicht immer alles lustig sein. Es gibt auch Tätigkeiten, die nicht immer nur lustig sind. In einem Arbeitsumfeld zu arbeiten, das auf positive Arbeitsatmosphäre einzahlt, mit Kollegen arbeitet, die einen weiterbringen und wo es spannend ist, in die Firma zu gehen, solche Themen adressieren wir auf jeden Fall sehr stark.

Mari Lang: Sie machen viele Events und haben jetzt die Worte Begegnung und Corona-Pandemie in den Mund genommen. Ich kann bestätigen, dass es vor der Corona-Pandemie immer wieder Begegnungszonen bei Engel mit Kund:innen und Mitarbeiter:innen gab. Meine Frage ist, wie rechnet sich das? Wo merken Sie im Unternehmen, dass dieses Begegnen nach außen und nach innen wichtig ist?

Stefan Engleder: In harten Zahlen ist es schwierig zu messen. Wir merken es an den Rückmeldungen von unseren Kunden. Vor einigen Wochen waren die sogenannten Mobility-days, wo wir das erste Mal geschafft haben von der Flugzeugindustrie über die Automobilindustrie bis zur Mikromobilität, wichtige Personen zu vereinen, die das erste Mal miteinander gesprochen haben.

Das war ein Aha-Erlebnis für uns. Die waren nachher extrem positiv und haben gesagt, das hat es so noch nie gegeben und haben sich nach der Veranstaltung in Schriftform bedankt. Das sind die Rückmeldungen, die wir bekommen. Richtig messen kann man es, glaube ich, nicht.

Mari Lang: Ich würde gerne kurz über Familie sprechen. Engel ist ein Familienunternehmen mit langer Geschichte. Wenn ich nur bei dem Bild Familie bleibe, dann weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es oft schwierig ist. Wir haben darüber gesprochen. Es kann teilweise einerseits sehr befruchtend und sehr positiv sein. Aber es gibt viele Nachteile. Ein Nachteil, unter Anführungsstrichen, der mir spontan einfällt, ist dieses, das haben wir immer schon so gemacht und deshalb machen wir es einfach weiter so.

Wie erleben Sie das bei Engel? Ich möchte darauf kommen, dass vor einem Jahr die Geschäftsleitung komplett neu aufgestellt worden ist. Es ist ein neuer Purpose initiert worden beziehungsweise ein neuer Alter und diesen Change- Prozess ein bisschen. Wie kam es zu diesem Vorurteil, dass sich in Familien nicht sehr schnell etwas bewegt, dass es dann doch eine große Bewegung gab?

Stefan Engleder: Wir sind eventuell etwas untypisch für Familienunternehmen. Aber wenn Sie meinen Großvater kennengelernt hätten, der war extrem pushy. Er hat nur nach vorne und nie nach hinten geblickt. Es ist ihm nie schnell genug gegangen. Ob das Expansionen sind oder neue Technologien, die entwickelt werden sollten oder auch Veränderungen im Unternehmen. Er hat immer extrem gepusht. Mein Onkel, der für die Erweiterung der Firma Engel nicht nur Richtung Westen, sondern vor allem Richtung Osten offen war. Er war ein Novum, ein Maschinenbauer in China.

Wir waren der erste Spritzgießmaschinenhersteller, der in China ein Werk gebaut hat, ohne ein Joint-Venture mit einem staatlichen chinesischen Konzern gründen zu müssen. Ich glaube, dass es über die Jahre hinweg gelebt worden ist, nach vorne zu denken und Veränderungen nicht nur passieren zu lassen, sondern Veränderungen anzutreiben. Nicht umsonst ist Veränderungen eine unserer Kernwerte im Unternehmen.

Das Thema Geschäftsführung. Wir haben seit einem Jahr beziehungsweise seit Juli eine neue Geschäftsführung, weil das letzte Mitglied, Herr Gerhard Stangel, unser Produktionsgeschäft seit Juli ist. Er war vorher Werksleiter im Großmaschinenwerk und wir sind jetzt sehr gut verteilt. Wir haben eine sehr balancierte Geschäftsführung. Ich hatte das Glück und das Vertrauen von unseren Aufsichtsgremien bekommen, mir die Geschäftsführung aussuchen zu können. Es liegt der Erfolgsdruck, da sind wir beim Druck wieder, dass ich auch performen muss. Aber es macht unglaublich Spaß mit ihnen zu arbeiten.

Lothar Wenzl: Worauf haben Sie bei der Auswahl geschaut?

Stefan Engleder: Mehrere Themen. Das eine Thema ist, ob das Mitglied der Geschäftsführung das Unternehmen weiterentwickeln und so weiterentwickeln kann, indem das Mitglied die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnimmt. Das zweite Thema ist eine gewisse, das klingt jetzt fast interessant, wenn Sie Fotos sehen, würden Sie es nicht so sehen, eine gewisse Diversität. Wir denken anders. Unser Produktionsgeschäftsführer hat eine ganz andere Sicht wie unser Entwicklungsgeschäftsführer.

Unser kaufmännischer Geschäftsführer hat wiederum eine andere Sicht. Ja, es sind alles beste Männer in den Mittvierziegern oder Mittfünfzigern. Wir würden keinen Diversitätspreis gewinnen. Aber vom Mindset her sind sie ganz unterschiedlich und tun uns in der Summe gut und ich bringe die Vertriebskomponente ein. Ein weiteres Kriterium ist, selbstreflektiert zu sein, um sich selbst weiter zu entwickeln.

Alle Mitglieder unserer Geschäftsführung sind extrem selbstkritisch, auch wenn sie nach außen diese Besonnenheit wahrnehmen müssen und arbeiten sehr hart an sich selbst. Und gepaart dann, und das ist für mich auch ein ganz ein wichtiges, das habe ich vorher vergessen zu sagen, das Thema Demut ist ganz wichtig im Familienunternehmen. Sehr, sehr kontroversiell, auch diskutiert. Aber im eigenen Sinn, nämlich zu sagen, wir stellen uns in den Sinn etwas Höheres. Das ist bedeutender wie man selbst, weil man könnte als Geschäftsführer auf den Ego-Trip gehen, sondern man stellt sich in den Dienst einer Sache. Und das ist größer wie alles andere. Ich glaube, dass dies ganz wesentlich ist und das nehmen diese Kollegen auch mit. Das wird von der Belegschaft gesehen.

Lothar Wenzl: Das finde ich spannend. In dem Wort Demut ist das Wort Mut enthalten. Denn für Veränderung braucht es Mut und zwar wirklich viel Mut. Das finde ich spannend, weil die Kriterien, die Sie beschreiben, nicht unbedingt die sind, die man als erstes hört, wenn man einen üblichen Besetzungsprozess verfolgt. Da war drinnen, sind selbstreflektiert, arbeiten an sich selbst und selbst bereit zur Veränderung. Ich finde wichtig, was Sie als erstes gesagt haben, ob diese Firma sich weiterentwickeln oder unterstützen kann, sich weiterzuentwickeln. Das braucht ein unglaublich großes Bild nach vorne und in die Breite zu denken. Es braucht die Fähigkeit, mit Widersprüchen umzugehen. Sie haben gesagt, wir sind sehr divers, nicht optisch gesehen. Was sind die Widersprüche, die bei Ihnen im Unternehmen unterwegs sind und die Sie zu gestalten haben?

Stefan Engleder: Ein Widerspruch ist die kontinuierliche Verbesserung. Wenn man aus dem Produktionsumfeld kommt, ist das natürlich das A und O, sich immer inkrementell zu verbessern. Das wäre eine radikalere Transformation, weil wir zum Beispiel aufgrund der aktuellen Krisensituation unseren Gesamtproduktionsfootprint überlegen müssen. Solche Diskussionen führt man.

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Oder das ist jetzt zwischen Technik und Produktion oder zwischen Technik und Vertrieb, wo man sagt, brauchen oder wollen unsere Kunden das noch, was wir entwickeln, weil wie vorher gesagt, Innovationsführer und so weiter. Wir sind vorne dabei, hier in Diskussion zu gehen, was braucht es denn eigentlich, was wollen denn unsere Kunden? Dort treffen unterschiedliche Welten aufeinander und das Schöne ist, man kann es sachlich diskutieren. Man hat zwei Parteien, die zwei Meinungen haben. Und we agree to disagree, sondern man kommt auf einen gemeinsamen Nenner und entwickelt etwas daraus.

Lothar Wenzl: Das sind faire Geschäftsführer, soweit ich das verstanden habe?

Stefan Engleder: Genau.

Lothar Wenzl: Wenn man Sie mit einer Stimme fragen könnte, wie würden die Mitarbeiter:innen die Arbeit der fairen Geschäftsführung beschreiben? Auch im Sinne von, wie arbeiten sie, wie sind die, wie entscheiden sie? Was würden die Mitarbeiter:innen sagen?

Stefan Engleder: Ich glaube, sie würden sagen, dass wir kollegial sind. Wir sind ein Kollegium. Bezüglich Entscheidungen hoffe ich, dass die Meisten sagen, wir sind konsent orientiert. Wir hören viele Meinungen an und entscheiden am Schluss.

Am Ende vom Tag entscheidet die Geschäftsführung. Es ist keine demokratische Veranstaltung am Ende vom Tag und die Geschäftsführung entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen. Das beste Argument zählt und nicht wer das Argument gebracht hat. Ich kann ich mir vorstellen, dass sie solche Rückmeldungen hören würden.

Lothar Wenzl: Und wie viel Eigenverantwortung und Gestaltungsspielraum haben die Mitarbeiter:innen, wo immer sie jetzt sitzen, im Rahmen ihres Jobs oder in ihrer Organisation?

Stefan Engleder: Wir versuchen diesen Gestaltungsspielraum massiv zu erweitern, indem die Entscheidungen dort stattfinden sollen, wo sie am besten passen. Das ist am besten am Ort der Wertschöpfung. Interessanterweise gelingt uns das in gewissen Bereichen sehr gut, zum Beispiel im Produktionsumfeld und im Vertriebsumfeld. Da könnten wir jetzt länger reden. Meine persönliche Erfahrung ist, dass überall da, wo man stark in die Matrixorganisation geht oder in rollenbasiertes Arbeiten, herrscht oft Konfusion, wer was entscheiden darf.

Wir sind ein komplexes Unternehmen mit vielen Produkten, ein großes Portfolio, in der Triade aufgestellt mit Business-units und wir kommen um die Matrix nicht umhin. Das ist ein erklärtes Ziel. Wir dezentralisieren in drei Hubs, Amerika, Europa und Asien. Sie merken schon, mit Business-unit und Regionalverantwortungen, dass sie in rollenbasiertes Arbeiten kommen. Um hier dem Management, und das betrifft auch das Topmanagement, wirklich glaubhaft zu ermitteln, ihr könnt das jetzt entscheiden und bitte stimmt euch ab, aber entscheidet das gemeinsam. Wenn es nicht weitergeht, skaliert es bitte. Das ist etwas, das richtig schwierig ist und Zeit braucht. Das ist einer unserer Topziele, um das Unternehmen weiterzuentwickeln. Überall dort, wo sie starke Hierarchien haben, das ist nämlich das Interessante und sie übertragen die Verantwortung der nächsten Hierarchiestufe in der Linie, da funktioniert es, denn es gibt dort nur die Linie. Der weiß, okay, ich darf das entscheiden, ich brauche niemanden fragen, also mache ich einfach.

Lange Rede, kurzer Sinn, wir brauchen rollenbasierte Unternehmensformen. Wir brauchen vor allem die Matrix und es gilt den Kolleginnen und Kollegen zu vermitteln, dass sie das gemeinsam entscheiden dürfen.

Lothar Wenzl: Das ist spannend, weil Matrix ursprünglich in den 60er-, 70er-Jahren entwickelt worden ist, um Freiräume zu erhöhen und nicht Freiräume zu beschränken. Jedoch passiert meistens das Gegenteil. Das ist das Spannende. Da sieht man, dass die Form nicht immer zum erwünschten Ergebnis passt und das sehen wir an vielen Stellen.

Mari Lang: Ich möchte zurück kommen auf das Thema Nachhaltigkeit und Plastikmüll. Wir haben damit begonnen, vielleicht schließen wir ein bisschen damit, so ganz plakativ gefragt, wie kann man ein schönes Unternehmen sein, wenn man in einer Branche arbeitet, die jetzt per se nicht schön ist? Wenn man auf die Straße geht und zehn Menschen fragt und sagt, Plastikindustrie, ist das gut oder schlecht, wirklich ganz vereinfacht gesagt wird, da würden die Wenigsten sagen, ja, das ist total super, das ist die Zukunft.

Stefan Engleder: Das Gegenteil ist der Fall. Kunststoff ist die Zukunft. Ein modernes Leben ohne Kunststoff ist unvorstellbar. Die Frage ist, was ist Plastik und was ist Kunststoff? Bei Plastik versteht man meistens Einwegverpackungen, die rumliegen. Die Kopfhörer, die Sie tragen oder das Mikrofon oder alles, was hier am Tisch liegt, mit Ausnahme des Tisches selbst, besteht aus Kunststoffen. Man hätte keine Mobiltelefone. Man hätte die ganze moderne Medizin nicht. Und das ist etwas, das zahlt darauf ein.

Wir haben mit unseren Kunden ein sehr breites Spektrum. Das fängt in der Medizintechnik an. Nehmen Sie die Corona-Krise. Die ganzen Tests wären ohne Kunststoffprodukte nicht möglich gewesen. Sie kommen über die Mobilität. Ein Elektromobil ohne Kunststoff ist nicht vorstellbar und wäre viel zu schwer. Im klassischen, technischen Spritzgussbereich, von der Kaffeemaschine, die Sie heute früh benutzen, bis über Rasierer, Zahnbürsten und so weiter, das besteht aus Kunststoff. Und das smart verwendet, spart Ressourcen. Das ist auch das, womit sich die Firma Engel hauptsächlich beschäftigt. Also Spritzgießen sind meistens harte und größere Teile oder vor allem aus hartem Plastik, keine Folien und so weiter, stabil. Aber nichts desto trotz, sind wir ein Teil der Industrie und ein Teil des Problems.

Diese Dinge verschwinden im Meer oder werden im Meer entsorgt und man muss sich damit beschäftigen. Nur die Frage ist, wie gehe ich denn damit um? Ich kann sagen, okay, es ist alles furchtbar und stecke den Kopf in den Sand oder ich versuche zu gestalten. Da gibt es Möglichkeiten, wie vorhin schon erwähnt, was man machen kann in der Maschinentechnologie, dass das besser wird. Daran arbeiten unsere Ingenieurinnen und Ingenieure, um das zu verbessern.

Lothar Wenzl: Ja, das zählt im Prinzip zu unseren Kriterien, dass schöne Organisationen auf Dialogkooperation basieren. Ich höre, wir müssen uns den Themen stellen, sie in den Dialog bringen und etwas damit machen. Das andere Thema wäre Kooperation. Da würde meine Frage noch hingehen, wie sehr kooperieren Sie in der Industrie und in der Wertschöpfungskette, aber darüber hinaus möglicherweise sogar mit Mitbewerbern, um diese Themen weiterzuentwickeln?

Stefan Engleder: Es gibt vorwettbewerblich auch Kontakt mit unseren Wettbewerbern. Es gibt in der Vertikalen, also in den Wertschöpfungsstufen, Kooperationen. ist ein Beispiel, wie kann ich zum Beispiel Material kennzeichnen, so dass man immer weiß, welche Wertschöpfungsstufe, welchen Zustand es hat und wo es dazu gekommen ist. Da passiert schon Einiges.

Es gibt gemeinsame Forschungsprojekte an der Johannes-Keppler-Uni. Zum Beispiel die Smart-factory, die sich ausschließlich mit dem Thema Kunststoffverarbeitung im geschlossenen Kreislauf beschäftigt. Da tut sich sehr viel. Wenn ich noch eins anbringen darf zum Thema Kunststoff-bashing von vorher. Ich glaube, um es mal nüchtern zu betrachten, so schlecht war es nicht. Jeder hatte einen Beitrag zu leisten um uns aufzurütteln und zu sagen, okay, wer kann was leisten. Ich glaube, dass das ganz wesentlich ist, weil das am Anfang emotional geführt worden ist.

Gott sei Dank ist das etwas versachlicht worden. Von dem her kann man es positiv sehen. Es war auf jeden Fall ein Wachrütteln der Industrie, da es große Anstrengungen gibt, die Wertstoffkreisläufe zu schließen. Leider Gottes hat es einen negativen Effekt gehabt, so dass es immer weniger Interessierte gibt, die in die Kunststoffindustrie einsteigen.

Wir haben hier diesen Hotspot in Österreich oder im deutschsprachigen Raum, um diese Technologien zu entwickeln. Wenn es keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr gibt, die das machen, dann fehlt das. Das ist das Zynische an dieser ganzen Diskussion, die mich sehr traurig macht. Wir versuchen dagegen anzukämpfen. Aber es ist gar nicht so einfach.

Mari Lang: Wir enden immer mit der Bitte, dass unsere Gäst:innen uns einen Wert hinterlassen, der sie in ihrem Leben begleitet, wo sie sagen, okay, das ist für mich etwas Wichtiges. Wir haben so einen kleinen, imaginären Setzkasten. Ich würde Sie bitten, Herr Engleder, uns einen Wert reinzustellen.

Stefan Engleder: Passend zu heute, das Thema Veränderung.

Lothar Wenzl: Wie könnte es für einen Innovationsführer auch anders sein? (lacht)

Stefan Engleder: Den Mut zur Veränderung, das ist noch besser

Lothar Wenzl: Genau. Den Mut zur Veränderung. Sehr schön.

Mari Lang: Und Demut.

Lothar Wenzl: So ist es. Demut ist gefallen. Wir haben den Begriff des Zumutens ganz oben und Veränderung ist sehr häufig eine Zumutung. Aber ich ende mit dem Mut. Vielen Dank für das Kommen, Herr Engleder.

Stefan Engleder: Herzlichen Dank für die Einladung.

Mari Lang: Danke für das Gespräch. Wenn Ihnen der Podcast gefällt, dann freuen wir uns, wenn Sie auch bei der nächsten Folge wieder dabei sind. Um diese nicht zu verpassen, würde ich vorschlagen, Sie abonnieren die Schöne und das Biest am besten gleich und geben uns, wenn es geht, das ist gar nicht so schwer, eine Fünf-Sterne-Bewertung ab. Wir und unsere Gäst:innen freuen uns darauf und bis zum nächsten Mal.

Das war die Schöne und das Biest. Ein Podcast von Marie Lang und Trainconsulting-Geschäftsführer Lothar Wenzel.

Portrait von Lothar Wenzl

Lothar Wenzl

Systemischer Unternehmensberater für tiefgreifende Transformationsprozesse, die schöne und erfolgreiche Organisationen gestalten helfen.

l.wenzl@trainconsulting.eu
+43 664 150 23 70

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