Auf dieser Hypothese basiert unsere Firmenvision. Wir haben uns entschieden, die SDGs als verbindlichen Rahmen für unser Handeln in unserer Mission zu verankern. Wie weitreichend dies für uns als systemische Unternehmensberater*innen ist, wird uns auf unserem Weg immer bewusster. Gleichzeitig entdecken wir laufend neue herausfordernde Fragestellungen.
Anfang März haben wir im Rahmen des Systemicum 2021 diese Fragen mit Expert*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutiert. Und für Mitte April haben wir Christoph Schweifer – einen der führenden Experten für dieses Thema in Österreich – eingeladen, mit uns die Bedeutung der SDGs für unsere Beratungsarbeit intensiver zu beleuchten.
Er hat uns mit der earth-rise-Perspektive im wahrsten Sinn des Wortes auf eine Reise mitgenommen und uns folgende Frage gestellt: Stellen Sie sich vor, Sie kommen wieder als Mensch auf die Welt, aber Sie wissen nicht, wo. Welche drei Dinge würden Sie auf der Erde ändern, bevor Sie wieder auf die Welt kommen? Damit ist der große Rahmen gespannt.
Die Vision der SDGs ist, ein gutes Leben für alle unter Anerkennung planetarer Grenzen zu ermöglichen. Woher kommen die SDGs? Die Sustainable Development Goals wurden 2015 in der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung von allen 193 Staaten der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und haben nichts Geringeres zum Ziel, als die Transformation unserer Welt. Sie beziehen sich auf fünf Ps: people, prosperity, planet, peace, partnership und umfassen 17 Ziele und 169 Unterziele.
Warum es überhaupt Goals dieser Größenordnung braucht? Die Regeneration des Planeten kann mit der industriellen Ausbeutung einfach nicht mehr Schritt halten. In Österreich liegt der Welterschöpfungstag (»earth overshoot day«), also der Tag, an dem die Weltbevölkerung die Ressourcen, die die Erde in einem Jahr »produzieren« kann, aufgebraucht hat, bereits am 8. April.
Als Beratungsunternehmen stellen sich für uns mehrere Fragen:
- Wie kann systemische Beratung vor dem Hintergrund dieser ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen aussehen? Wie können wir die positiven Beispiele, die es gibt, dafür nutzen und für Rückenwind und Zuversicht sorgen?
- Welche Fragen können wir unseren Kunden*innen zumuten? Welche muten sich unsere Kund*innen selbst gerade zu?
- Wie können die SDGs, die ursprünglich für Staaten geschrieben wurden, handlungsleitend für Wirtschaftsorganisationen werden?
Wie können globale Krisensituationen überhaupt erfolgreich gemeistert werden? Eine Antwort gibt Friedensforscher Dieter Senghaas mit seinem zivilisatorischen Hexagon – einem Modell, das sechs Bausteine als Bestandteile von Zivilisation und somit für Friedenssicherung nennt. Soziale Gerechtigkeit und das Gefühl von wechselseitiger Abhängigkeit sorgen für Affektkontrolle beim Einzelnen. Die Flüchtlingswelle 2015 hat unserer Generation in Europa das erste mal physisch vorgeführt, wie vernetzt wir tatsächlich sind. Dass ein Krieg »weit weg in Syrien« sich auf einmal ganz direkt bis auf unsere Straßen auswirkt.
Was bedeutet all das für erfolgreiches, nachhaltiges Wirtschaften?
Aus der Diskussion lässt sich schließen, dass die aktuellen Probleme auf jeden Fall Regulierungseffekte von Politik und Institutionen erfordern. Hier ist schon einiges auf dem Weg: Lieferkettengesetz, Taxonomieverordnung und vieles mehr.
Gleichzeitig können Unternehmen diese Entwicklungen heute schon antizipieren und sich ihnen aktiv stellen. Kunden, Mitarbeiter*innen, andere Stakeholder fordern zunehmend nachhaltiges und verantwortungsvolles Handeln ein. Wir erwarten, dass Unternehmen, die sich früh auf diesen Bedarf ausrichten, Vorteile haben werden. Diese »Pioniere« beschleunigen die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen, indem sie Druck auf Politik und Institutionen ausüben. Druck, damit Gesetze und strukturelle Rahmenbedingungen auf ein ökologisches Wirtschaften hin ausgerichtet werden.
Auf den Punkt gebracht von Expert*innen und Pionier*innen:
Christoph Schweifer ist es auf sehr strukturierte Art und Weise gelungen aufzuzeigen, in welchen Feldern Unternehmen aktiv werden können. Zum Beispiel nennt er folgende Handlungsfelder:
- langfristige Lieferantenbeziehungen
- Dekarbonisierung und bewusster Umgang mit Ressourcen
- im finanziellen Bereich nachhaltige Veranlagungen und faire Steuerbegleichung
- nutzenstiftender, anstatt manipulativer Verkauf
Was heißt all das für nachhaltige Unternehmensberatung?
Als Berater*innen leiten wir aus alledem ab, genau diese Spannungsfelder aufzumachen, Fragen zu stellen und Unternehmen zu befähigen auch graduelle Veränderungen wahrzunehmen. Manche Widersprüche werden nicht auflösbar sein – aber sie werden helfen, den eigenen Weg zu hinterfragen und ihn neu zu zeichnen.