Case Story Raiffeisen Software

Ein Erfolgsrezept für agile Transformation

Produktorientiertes Organisationsdesign und selbstlernende Führungsentwicklung für die Raiffeisen Software GmbH auf dem Weg zu einem innovativen und agilen Dienstleister. Das Softwarehaus der Raiffeisen Bankengruppe, einer der größten österreichischen IT-Dienstleister, machte sich auf den Weg, um das Bankgeschäft der Zukunft maßgeblich mitzugestalten. Reichen dafür Methoden der agilen Software-Entwicklung aus? Lesen sie hier unsere Casestudy über agile Arbeit.

Es ist mehrere Jahre her, dass sich die Raiffeisen Software GmbH aufgemacht hat, ein agiles Unternehmen zu werden. Mit Unterstützung der systemischen Unternehmensberatung Trainconsulting ist daraus ein tiefgreifender Transformationsprozess geworden. Über die Herausforderungen tiefgreifender Veränderung in einem komplexen Kundenumfeld und über die Beiträge systemischer Beratung sprachen Kurt Poxleitner (einer der vier Geschäftsführer der RSG) und Andreas Siquans (Head of HR & agile Coaching der RSG) gemeinsam mit Lothar Wenzl und Martin Klein von Trainconsulting am virtuellen Insights-Abend im Oktober 2020.

Kurt Poxleitner, MA BSc: Stellte als einer der vier RSG-Geschäftsführer den Transformationsprozess beim Trainconsulting Insights-Abend vor.


»Volles Vertrauen in unsere Mitarbeiter:innen und keine Delegation der Verantwortung mehr nach oben. Das haben wir geschafft.«



Das Softwarehaus hatte Mitte 2018 schon eine einjährige interne Planung hin zu einem agilen Unterneh- men hinter sich, als Trainconsulting als Beratungsunternehmen hinzugezogen wurde. Martin Klein, Ge- sellschafter von Trainconsulting und federführend im Beratungssetting mit der RSG, begab sich in einem ersten Schritt auf »Grundlagenforschung«. Er wollte herausfinden, was hinter dem Wunsch steckte, »agil« zu werden.

»Ihr seid die Profis im operativen Geschäft.«

In der neuen Struktur treffen Mitarbeiter:innen eigenverantwortliche Entscheidungen
mit dem Vertrauen der Geschäftsführung

Zu diesem Zeitpunkt war die interne Planung weit fortgeschritten. Ein Viertel der Mitarbeiter:innen hatte bereits Erfahrung mit agilen Arbeitsmethoden. Trotzdem war im gesamten Unternehmen viel Unsicherheit und Frustration spürbar.

Trainconsulting nutzte diesen Umstand: Lothar Wenzl, Berater und Geschäftsführer von Trainconsulting, nahm sich kein Blatt vor den Mund. Er präsentierte sich als »Zumuter« im besten Sinn und zeigte auf die blinden Flecken, die innerhalb der RSG zu diesem Zeitpunkt niemand wahrnehmen wollte. Für die Leitung war dies zuweilen eine echte Herausforderung, innerhalb der Belegschaft sorgte es für Irritation.

Raiffeisen Software GmbH im Überblick (2021)

Agile Arbeit mit Zukunft in der Raiffeisen Software GmbH


Als Softwarehaus der Raiffeisen Bankengruppe Österreich gestaltet die RSG das Bankgeschäft der Zukunft aktiv mit. Sie entwickeln innovative IT-Lösungen in enger Zusammenarbeit mit den Kund:innen im Raiffeisen-Sektor.
Website der Raiffeisen Software GmbH

  • 980 Mitarbeiter:innen
  • 2,8 Millionen Kund:innen
  • 118 Millionen Umsatz

Eine erste Hypothese ging davon aus, dass das Unternehmen stark von oben nach unten geführt wird. Die Organisation wollte zu dem Zeitpunkt innerhalb von zwei Monaten agile Arbeit etablieren, hatte aber nicht die Strukturen dafür. Wie sollte das im Tagesgeschäft gelingen?

Die Change-Formel
Die Change-Formel hilft bei der Identifizierung der wichtigsten Treiber für Veränderung.


Die »Change-Formel« wurde ins Spiel gebracht. Mit ihr werden die wichtigsten Treiber für eine Ver- änderung identifiziert. Beim Punkt »Vision für Veränderung« war rasch klar, dass es noch kein gemeinsames Bild der Zukunft gibt. Viele Kompetenzen und Stärken waren vorhanden, wurden aber noch wenig genutzt. Eine fehlende Vision führt zu Energieverlusten, wenn eine Veränderung zweiter Ordnung, also eine Veränderung, die die Arbeitsweise in der Tiefe verändert, umgesetzt werden soll.


DER ANFANG: TIEFENANALYSE

Die folgende qualitative Organisationsanalyse förderte zutage, dass es an einem gemeinsamen Bild fehlte: Für die einen war der Wandel zu einem agilen Unternehmen ein überlebensnotwendiger Schritt, für die anderen eine mehr oder weniger kosmetische Maßnahme.

Allerdings zeigte der Blick auf das Unternehmen ein klares Bild: Die Organisation war chronisch über- beschäftigt, hatte aber dennoch unzufriedene Kunden. Die Liste war lang und gut dokumentiert. Der Fokus auf das Dysfunktionale ist aber keine Antwort auf die Frage, wie es im Unternehmen weitergehen kann. Wichtiger ist die Sichtbarmachung der Kompetenzen und Stärken, sowie eine gemeinsame Linie zu finden, die alle unterstützen können.

Hypothesen für agile Arbeit
Erste Hypothesen brachten Ideen für die nächsten Schritte.


DEN RAHMEN SETZEN

Es gab kein klares Bild zum Warum der Veränderung. Für die Umgestaltung der Organisation braucht es daher eine tragfähige neue Vision. Diese ist die Basis der veränderten Kultur. Darauf aufbauend haben die Berater:innen von Trainconsulting den Prozess verbreitert und alle Führungskräfte in die Veränderung eingebunden. »Was ist unser Selbstverständnis? Wohin wollen wir? Wo sehen wir Sinn in unserer Arbeit? Nach welchen Prinzipien arbeiten wir? Welche Rollen geben wir uns? Und: Wie können wir Entscheidungen treffen, die auch halten. Und was machen wir, wenn eine Entscheidung einmal nicht hält?«

Erst die Beantwortung dieser Fragen ermöglicht agile Arbeit des Softwarehauses. Die Kommunikation soll in Zukunft schließend stattfinden. Themen werden dabei vertieft ausdiskutiert, gemeinsame Bilder und Schlussfolgerungen gezogen, damit die Verbindlichkeit in der Umsetzung steigt. Es gibt Vertrauen der Geschäftsführung in die Projektgruppen, die möglichst autark eigene Entscheidungen treffen. Die Eigenverantwortung wurde in vielen Workshops gestärkt und die Transparenz erhöht.


PRINZIPIEN
Nach der Vision wurden, ebenfalls in einem partizipativen Prozess, leitende Prinzipien vereinbart:

Prinzipien als Grundlage für agile Arbeit

Transparenz
»Wir sind stolz auf das, was wir herstellen und wie wir arbeiten. Wir bieten daher, in aller Überzeugung, aktiv einen umfassenden Einblick in unsere Produkte und unser Vorgehen und Entscheidungen zu Zielkonflikten.«

Eigenverantwortung
»Wir gestalten innerhalb des uns gesetzten Rahmens und treffen die dafür notwendigen Entschei- dungen. Wir entscheiden mutig auf der niedrigsten sinnvollen Ebene und stehen zu diesen Ent- scheidungen.«

Verbindlichkeit
»Wir stehen zu unserem Wort. Auf das, was wir zusagen, ist Verlass. Vereinbarungen lösen wir nicht ohne triftigen Grund und nicht einseitig auf, schon gar nicht stillschweigend.«

Vertrauen
»Wir begegnen einander in einer Haltung des Vertrauens und setzen es in unserem Umgang miteinander voraus. Wir verlassen uns darauf, dass Zugesagtes geleistet wird – auch ohne kleinteilige Kontrolle.«

ARBEIT NEU GESTALTEN

Als Vorreiter für agile Arbeit im Raiffeisen Sektor muss das Softwarehaus nah am Kunden und wendig im Miteinander sein. Damit das gelingt, wurden mithilfe der Berater:innen von Trainconsulting die Rollen neu aufgeteilt. Die Frage lautet: »Was hilft der Organisation und was stärkt die Vision?« Arbeits-Prinzipien dienen als Blueprint für die Organisation von Rollen. Wir haben mit Leitmodellen begonnen und haben über alle Führungsebenen eine neue Struktur eingeführt. Einige konnten mit Scrum schon etwas anfangen, für andere war diese Methode noch sehr neu. Arbeit wird in einem vertikalen Design neu organisiert. Entscheidungen werden heute auf der möglichst niedrigsten Ebene gefällt. Weiters gibt es klare Regeln, wo eine agile Arbeitsweise Sinn macht und wo klassische Wasserfallprojekte abgearbeitet werden. Eine mutige Idee, um diese Rollen und Strukturen zu klären und interne Projektabhängigkeiten aufzuzeigen, war die Einführung von Big-Room-Plannings für über 250 Teilnehmende. Das neue Selbstverständnis hat mehr Ausprobieren und Experimentieren ermöglicht. Dieses Experiment wurde zur erfolgreichsten Einzelintervention des gesamten Projekts. Sowohl kleine Detailfragen, als auch große Meta-Themen konnten gleichzeitig gesehen und bearbeitet werden.

Big Room Planning für agile Arbeit
Raiffeisen Software – Big Room Planning
Raiffeisen Software – Big Room Planning V0.2

Das Big-Room-Planning soll proaktiv die Abhängigkeiten zwischen einzelnen Projekten aufzeigen. Die erste Konferenz hat enorm viel positive Energie freigesetzt. Viele begeisterte Stimmen haben das neue Selbstverständnis unterstrichen und den Stolz auf das Unternehmen befeuert. In weitere Veranstaltungen wurden auch Kunden eingeladen. Damit kann die RSG schneller auf Anforderungen reagieren und Feedback rascher umsetzen.

Insights Raiffeisen Software – Interview bei Trainconsulting nach dem Change

Die Wege sind kurz und Themen, die früher oft mehrere Wochen in Anspruch genommen haben, lassen sich hier in zwei Veranstaltungstagen klären. Die Big-Room-Plannings sind ein Format, um zu lernen, wie die Raiffeisen Software GmbH noch kunden-orientierter arbeiten kann.

WAS HEISST SYSTEMISCH?

Ziel der systemischen Beratung ist es, den Plan sowie die Kompetenzen der Organisation herauszuarbeiten, zu reflektieren und zu einer Integration zu führen. Der systemische Beratungsansatz macht sich den Gedanken der Wechselwirkungen zunutze, indem er ihn für Personen, Gruppen, Organisationen, Situationen, Prozesse, Probleme oder Konflikte anwendet. Nichts wird einzeln und isoliert, sondern immer im Zusammenhang mit der Umwelt und dem System betrachtet. Die systemische Betrachtung versucht auch dem Umstand gerecht zu werden, dass Menschen verschiedene Bedürfnisse und Perspektiven haben. Menschen können folglich in derselben Situation etwas völlig Unterschiedliches wahrnehmen und deshalb auch unterschiedliche Schlüsse und Entscheidungen ableiten. Trainconsulting ist spezialisiert auf systemische Beratung und Sparring für die Umsetzung von tiefen und weitreichenden Veränderungen für Unternehmen und Organisationen.



AGILE ARBEIT NEU FESTIGEN

Mit dem neuen Selbstverständnis ist eine neue Haltung den Kunden gegenüber entstanden. Service- und lösungsorientiert wird auf Augenhöhe zusammengearbeitet. Die Geschäftsführung hilft mit einer gemeinsamen Haltung und einer »klaren Kante« die Kundenschnittstelle aktiv zu managen. Dieser Prozessabschnitt ist noch im Laufen.


DIE ROADMAP IM RÜCKBLICK

Trainconsulting hat den ganzen Prozess begleitet: Neben der qualitativen Organisationsanalyse zu Beginn sowie Sparring und Coaching für das interne Projektteam wurden innerhalb von zwei Jahren 17 Führungsworkshops, 23 Bereichsworkshops und drei Großgruppen-Konferenzen durchgeführt.

Raodmap um agile Arbeit bei der RSG zu implementieren
Die Roadmap hat sich im Projektverlauf verändert und trotzdem eine wichtige Struktur gegeben.

Damit wurde nicht nur ein agiles Software-Produktionsmodell mit Fokus auf Professionalisierung an der Kundenschnittstelle entwickelt. Auch die Entscheidungsfindungsstruktur hat sich geändert. Aus einer vormals recht starren Organisation ist ein selbstlernendes, innovatives Unternehmen geworden.

WAS IST AGILE ARBEIT?

Agile Softwareentwicklung bezeichnet mehrere Ansätze zur iterativen und unbürokratischen Anwendungsentwicklung. Dabei wird ein hohes Maß an Transparenz und Flexibilität angestrebt, sodass Prozesse möglichst einfach und beweglich (also agil) gestaltet werden können. Damit das im ganzen Software-Haus funktionieren konnte, war eine Veränderung in der Führungskultur wichtig.



PROJEKTERFOLGE

Ob Usability Tests, Scrum, Kanban oder Design Thinking & Co. – alle brauchbaren und sinnvollen agilen Methoden werden eingesetzt. Dabei ist auch eine neue Experimentier- kultur entstanden. Neues wird auch einfach mal mutig ausprobiert.

  • Operative Entscheidungen werden nicht mehr nach oben delegiert.
  • Die Release-Rate der Applikationen ist signifikant gestiegen.
  • Agile Arbeit in der Softwareentwicklung ist heute im gesamten Unternehmen fest verankert.

So schafft das Softwarehaus ein Klima, in dem Innovation entsteht und hohe Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit gewährleistet wird. Die Bankenwelt befindet sich im Umbruch. Die digitale Transformation bringt neue Anforderungen. Und bei aller Veränderung bleibt die Raiffeisen Software GmbH ein starker, attraktiver und flexibler Partner für hochwertige Lösungen für heute und morgen. Diese Case Story zu agiler Arbeit wurde im Sommer 2023 aufgezeichnet. Wenn Sie mehr zu dieser oder anderer Case Stories wissen wollen, dann rufen Sie uns an.

Weitere Inhalte zur Case Story Raiffeisen am Miro-Board
Weitere Inhalte zur Case Story Raiffeisen am Miro-Board



Alle Videos und ein Miro-Board zu dieser Case Story:


Video Interview

Big Room Planning 0.1

Big Room Planning 0.2

Weitere Inhalte zur Case Story Raiffeisen am Miro-Board

PDF der gesamten Case Story Raiffeisen zum Download:

Case Story Raiffeisen Software

Ein Erfolgsrezept für agile Transformation

    * Pflichtfelder
    Portrait von Martin Klein

    Martin Klein

    Berater in den Bereichen Strategie, Innovation und Organisationsdesign, Forschung und Entwicklung im Bereich Digitalisierung

    m.klein@trainconsulting.eu
    +43 676 357 86 61

    Portrait von Lothar Wenzl

    Lothar Wenzl

    Systemischer Unternehmensberater für tiefgreifende Transformationsprozesse, die schöne und erfolgreiche Organisationen gestalten helfen.

    l.wenzl@trainconsulting.eu
    +43 664 150 23 70