Podcast: Die Schöne und das Biest. #01 Theresa Imre

Theresa Imre. Wie aus einer One-Woman-Show ein Unternehmen wird

»Es ist immer nur eine kleine Gruppe von Menschen, die die Welt verändert. Wenn etwas keimt und es ist richtig, dann reißt es letztlich viele Menschen mit. Das ist meine Hoffnung und mein Anspruch. Und das gibt Stärke und Handlungsmacht.«

Theresa Imre

Theresa Imre, in der Weststeiermark in Stainz geboren, hat Betriebs- und Sozioökologische Volkswirtschaft studiert.

Schon als Kind faszinierten sie ländliche Strukturen und Bauernhöfe und der bewusste Umgang mit Lebensmitteln. Gemeinsam mit einer Freundin gründetet die Wahl-Wienerin 2014 den Foodblog «Eingebrockt & Ausgelöffelt« mit Fokus auf regionale, saisonale und biologische Lebensmittel und wurde mit dem österreichischen Food-Blogger-Award ausgezeichnet.

2018 hat sie den ersten österreichischen digitalen Bauernmarkt markta.at gegründet

2020 kamen noch weitere Auszeichnungen dazu: »Women of the Year 2020«, »Nachhaltige Gestalter:innen 2020«.

2022 wurde die Steirerin von der Tageszeitung Die Presse zur »Österreicherin des Jahres 2022« in der Kategorie Startup gewählt.

Wir wollen nicht nur über das besser werden reden, wir wollen tatsächlich besser werden. Senden Sie uns Feedback an dieschoeneunddasbiest@trainconsulting.eu.

Wer nicht hören will, muss lesen! Hier der Podcast zum Nachlesen:

Die Schöne und das Biest, warum schöne Organisationen die Welt verändern.
Ein Podcast von Marie Lang und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl.

Mari Lang: Oh, da bekomme ich ja sofort das Gefühl, auf die Toilette zu müssen. Lothar, was macht das Geräusch mit dir? Verbindest du das in irgendeiner Form mit etwas Schönem?

Lothar Wenzl: Nein, eher etwas Funktionalem so. Braucht man, hat man.

Mari Lang: Theresa?

Theresa Imre: Eigentlich gerade eher schön. Wenn ich sage, das Wasser, das plätschert, dann kommt bei mir gerade die Berghütte bei mir auch hoch. Also, ich habe auch mir jetzt im Sommer sozusagen einen Ort gesucht, wo viel Wasser drumherum fließt und ganz viele kleine Flüsschen und irgendwie löst das bei mir sofort die Erinnerung an die Hütte aus.

Mari Lang: Ja, was ist das? Ihr seid beide noch sehr gespannt? Ich finde das ein schönes Geräusch, weil ich verbinde es eben auch mit was Schönes. Kochen mag ich sehr gern. Das war so Gemüse schnipseln.

Theresa Imre: Ich hätte jetzt auch an irgendwas schneiden gedacht. Ein Messer, das durchgeht, und auch da wieder gute Werkzeuge wie zum Beispiel ein gutes Messer, das hat dann schon was sehr Angenehmes eigentlich.

Lothar Wenzl: Nein, ich hatte so Parmesan reiben, so etwas, aber dann dachte ich, das stimmt nicht ganz. Das ist zu mechanisch dafür. Aber ich habe mich sofort eingespeichelt, als ich das gehört habe.

Mari Lang: Die Schöne und das Biest. Warum schöne Organisationen die Welt verändern. Ein Podcast von Marin Lang und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzel. Völlig egal, ob Parmesan reiben oder Gemüse schneiden, die diskussionswürdigen schönen Geräusche, die haben mit unserer heutigen Gästin zu tun. Theresa Imre ist Gründerin und CEO von markta.at, Österreichs erstem digitalen Bauernmarkt, wo man vom Bio-Bier über regionales Obst und Gemüse bis zu frischem Gebäck und Nudeln so ziemlich alles bekommt, was hier zu Lande angebaut und produziert wird. Herzlich willkommen bei der allerersten Folge von Die Schöne und das Biest.

Theresa Imre: Ja, ich freue mich, da zu sein. Vielen Dank für die Einladung.

Mari Lang: Lothar, Theresa war ja mein Wunschgast, deshalb stelle ich sie kurz mal vor. Theresa Imre ist gebürtige Steirerin, die es zum Studium nach Wien verschlagen hat, wo sie auch geblieben ist. Sie hat Betriebs- und Sozioökologische Volkswirtschaft studiert, ist leidenschaftliche Köchin, soweit ich weiß und einfach eine wunderbare Vordenkerin in Sachen Nachhaltigkeit, was sie auch mit der Gründung von markta.at im Jahr 2018 bewiesen hat. Und deswegen ist sie auch von der Tageszeitung Die Presse zur Österreicherin des Jahres 2022 in der Kategorie Startup gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch dazu noch mal.

Theresa Imre: Ja, vielen Dank. Das war sicher eine große Überraschung.

Mari Lang: Theresa, dich und Lothar Wenzel mit Trainconsulting treibt der gleiche Gedanke an, nämlich die Welt ein Stück besser zu machen, ein Stück schöner zu machen. Du hast markta gegründet, da warst du Mitte, Ende zwanzig. Gab es damals einen Auslöser, oder vielleicht anders gefragt, woher hast du denn die Kraft und Energie genommen, da wirklich eigenhändig ein Unternehmen aus dem Boden zu stampfen?

Theresa Imre: Ich glaube schon aus meiner Kindheit schon mitgegeben bekommen sozusagen ein bisschen. Einerseits der Zugang, Dinge zu machen, für die ich Leidenschaft habe. Also, ich glaube, meine Eltern haben mir Gott sei Dank den Mut anzupacken mitgegeben sozusagen, das heißt, sie haben einfach immer wieder viele Dinge, die sie gerne gemacht, auch gemacht und ich glaube, vom Reden ins Tun zu kommen ist etwas, was ich von der Familiengeschichte da sozusagen dabeihabe.

Und auf der anderen Seite habe ich auch wieder in meiner Jugend und Kindheit sehr früh diesen Gerechtigkeitssinn, den man als Kind ja durchaus immer wieder eigentlich kennt und hat, mir erhalten können, muss ich sagen. Also, ich habe immer wieder verstehen wollen als Kind, wie die Welt funktioniert und bin dann relativ schnell darauf gekommen, okay, die Wirtschaft bestimmt da relativ viel von dem, wie wir alle als Menschen funktionieren, und bin dann über diese Erkenntnis, die Wirtschaft bestimmt so viel, auch auf dieses Unternehmertum fast gekommen, weil ich finde es ganz, ganz wichtig, dass wir aufstehen und demonstrieren und auch die Dinge aufzeigen, aber ich glaube, es ist teilweise auch ganz, ganz essentiell, die Lösungen einfach zu machen und eben auch da wieder vom Reden ins Tun zu kommen.

Und so ist ein bisschen so diese Mischung aus Antrieb, Gerechtigkeitssinn und einer unglaublichen Leidenschaft für gutes Essen, weil es irgendwie auch so etwas Schönes ist, das Ganze mit Genuss und Freude zu betreiben, so mein Triumvirat an tollen Dingen, das mich zusammenhält.

Mari Lang: Ich würde mir ja manchmal wünschen, dass wir hier auch mit Bild zu sehen wären, Lothar ist nämlich jetzt schon die ganze Zeit gesessen und hat genickt und genickt und genickt und konnte fast nicht aufhören. Lothar, mit Trainconsulting habt ihr ja auch viel mit Startups zu tun, eben wir markta.at auch eines ist oder war eigentlich. Nimmst du das wahr, dass das Startups oft vereint, nämlich genau dieser Antrieb, einen Beitrag leisten zu wollen, etwas bewegen zu wollen, etwas verändern zu wollen in der Welt?

Lothar Wenzl: Ja, also was ich erlebe, und ich grenze es ab zu etwas, was nicht funktioniert. Also, es funktioniert dann, und da braucht man auch Glück und viele Ressourcen und all das, aber es geht nur dann, wenn Menschen tatsächlich etwas wollen in dieser Welt. Und nicht, um schnell reich zu werden oder schnell Geld zu verdienen. Das ist ein Scheiterpunkt allererster Güte.

Aber das Erstere ist das, was diese Welt auch braucht, und da können wir halt im Moment von diesen Unternehmerinnen, wie du eine bist, danke, dass du da bist, wahnsinnig viel lernen. Aber es ist halt nur ein Weg und es gibt ganz viele andere und wir brauchen alle diese unterschiedlichen Zugänge. Aber was man von solchen Unternehmerinnen lernen kann, ist diese unglaubliche Begeisterung, die aber gepaart ist mit einem, du hast es Durchhaltevermögen, glaube ich, genannt, mit diesem Dranbleiben, mit dieser Konsistenz, etwas über viele Jahre zu machen.

Ich erlebe ja viele Startups aus unterschiedlichen Rollen und man kann wirklich sagen, all jene, ich habe gerade ein Beispiel erlebt, die das nicht können oder wollen, nicht diesen Durchhaltewillen haben, nicht wissen, es ist jetzt auch Jahre mal das, was ich in diese Welt bringen will, die scheitern gnadenlos.

Mari Lang: Theresa, ich habe es schon gesagt, du hast 2018 gegründet, das war vor fünf Jahren. Seither ist viel passiert. Magst du vielleicht kurz beschreiben, wie von dieser, und ich nenne es jetzt mal salopp One-Woman-Show, ein Unternehmen entstanden ist und wo ihr heute steht? Vielleicht kurz beschreiben, wie viele Mitarbeiter:innen gibt es und wo steht ihr.

Theresa Imre: Ich bin sehr früh immer mit Ideen rausgegangen an den Markt, bevor die überhaupt teilweise halt schon erarbeitet waren. Also, in dem Fall war der Schritt eins, ein Crowdfunding zu machen. Das war sogar, wenn ich jetzt überlege, 2017 noch vor dem Start sozusagen vom Online gehen noch im Herbst. Und damals hatten wir auch schon fünfzigtausend Euro an Gutscheinen verkauft und das war ein guter Start, auch die Bauern und Bäuerinnen zu gewinnen sozusagen und zu sagen, okay, da gibt es wirklich interessierte Kunden.

Und auf der anderen Seite war es dann im März 2018, also im Endeffekt werden wir offiziell fünf Jahre alt, die Gründung vom Onlineshop. Das war ja nur ein reiner Marktplatz, da haben wir digital sozusagen die Produkte angebunden, jede Bäuerin hatte einen eigenen Onlineshop sozusagen unter unserem großen Dach gehabt und hat aber auch die Ware auch selbst verschickt. Das war super zugänglich für das Angebot, also in dem Fall unsere Lebensmittelproduzent:innen, aber auf der anderen Seite, die Nachfrage ist schon so im E-Commerce-Bereich verwöhnt in Bezug auf kostenloser Lieferung, alles innerhalb von ganz kurzer Zeit, möglichst natürlich alles gepackt in einem Paket. Das haben wir eigentlich wiederum von der bäuerlichen Seite dann nicht bedienen können, weil die eine Bäuerin hat sofort reagiert, der andere hat drei Wochen später das erste Mal seine E-Mail geöffnet, der Dritte war dann eher so, dass er eigentlich Bestellungen per Fax bekommt.

Und da bin ich dann sozusagen über die ersten Stolpersteine und Hürde des Unternehmens dann gekommen. Und dann haben wir aber schon verstanden, erste Phase, wir wollten die Bauern und Bäuerinnen abholen und über Handbücher eigentlich ihnen das Wissen mitgeben, wie man so was doch sinnvoller und vielleicht kundenfreundlicher macht, sind dann aber darauf gekommen, die sind so mit ihrer Lebensmittelproduktion konzentriert, und dort liegt genau die Leidenschaft, dass wir genau das als Aufgabe haben, dass wir das lösen müssen, und haben dann Ende 2019 das erste Logistikzentrum für Kleinbäuerinnen eröffnet.

Wir haben mit zwanzig Betrieben gestartet, auch wirklich täglich zu packen, Waren entgegenzunehmen, unser Lager ist auch, wie es jetzt heute noch immer organisiert ist, just in time, das bedeutet in der Logistik, wir haben eigentlich alles, was frisch ist, immer am selben Tag in der Früh die Anlieferung, wie sie am Vormittag gepackt wird und am Nachmittag rausgeht. Das ist unglaublich toll für Lebensmittelabfälle auf null bringen, aber das muss halt sozusagen wie ein Zahnwerk laufen, denn wenn ein Betrieb zu spät kommt oder vergisst, irgendetwas anzuliefern, dann läuft das halt sozusagen nicht. Es gibt keinen Puffer. Das ist ein bisschen das Spezifikum, was wir jetzt auch letztendlich haben, aber was unser Erfolgsmodell während Corona war.

2019 haben wir es Ende des Jahres sozusagen eröffnet und auf einmal war dann im März 2020, und ich erinnere mich noch ganz genau an diese Wochen, weil wir hatten so circa 140 Bestellungen in der Woche und jede Bestellung hat noch eine E-Mail bei mir ausgelöst. Und auf einmal war dieses Wochenende vom ersten Lockdown und wir haben es halt wirklich geschafft, über Zufälle und Glück, wie du es auch erwähnt hast, dann so stark in Social Media auf einmal geteilt und geshared zu werden, dass wir jetzt einen Lieferdienst von Kleinbetrieben haben, dass wir halt auf einmal 2500 Bestellungen innerhalb von einer Woche hatten.

Während Corona sind wir stabil geblieben und auch stark gewachsen natürlich in den Phasen. Wir haben da jetzt zweimal zwei Millionen Euro Umsatz gemacht, das ist wahnsinnig viel mit Kleinbäuerinnen im Endeffekt und mussten aber jetzt im letzten Jahr noch einmal wirklich auch gut hinschauen und gut darüber nachdenken, wie wir uns diversifizieren.

Also, im Endeffekt nur dieses reine Online-Geschäftsmodell ist für uns kein weiterer, alleiniger Wachstumsweg, oder Wachstum ist da auch immer so schwierig, weil es immer nur dieses Wachstumsgetriebene gibt, kein sinnvoller Weg sozusagen für markta. Wir werden uns jetzt in Zukunft breiter aufstellen und da auch in die lokale Ebene vom Digitalen hingehen.

Mari Lang: Wo es mit markta hingehen wird, weil es hat ja auch auf Geschäftsführerebene Änderungen auch gegeben oder ein Wachstum, besprechen wir in Kürze, was ich da jetzt herausgehört habe, und das würde ich jetzt gerne mit dir, Lothar, auch ein bisschen besprechen, nämlich was generell so das Unternehmertum betrifft. Auf der einen Seite erlebt man bei Startups ja oft, da wird viel ausprobiert, da geht es noch nicht um so wirklich viel, also kann man sich auch noch ganz gut ausprobieren.

Auf der anderen Seite hast du jetzt schön beschrieben, die Corona-Pandemie, die plötzlich irgendwie da so ein rasantes Wachstum erzeugt hat. Das heißt, da musstet ihr reagieren. Wie ist denn dieser Mix generell in Unternehmen einzuordnen? Einerseits dieses reagieren auf Dinge, die kommen, andererseits aber aus Eigeninitiative auch Dinge ausprobieren und da auch mutig zu sein?

Lothar Wenzl: Als ich jetzt zugehört habe, das war hochspannend, weil das kann man in einem Satz zusammenfassen. Hier spricht eine Unternehmerin. Wie sie spricht, was sie sagt. Sie redet zuallererst ganz über die Kernarbeit, es geht mir um die Sache und ich will das jetzt hinkriegen und lösen, und was natürlich der Unterschied zu Organisationen ist, das ohne jegliche Routine. Es gibt noch keine Prozesse, es gibt noch keine Operationsweisen, die schon eingelernt sind, es gibt noch nicht einmal Kommunikationswege, die besonders eingelernt sind.

Das ist ja, ununterbrochen liegen nur Hindernisse im Weg. So würden es viele beschreiben. Ein Unternehmer? Ah, spannend. Und der begreift, oder sie in dem Fall die Unternehmerin begreift das als Herausforderung, als Chance, als spannende Aufgabe und sie hat ja gesprudelt jetzt ein paar Minuten lang. Und da brauche ich gar nicht hören, was sie sagt so genau. Wenn ich das höre, dann weiß ich, hier spricht jemand, der in die Aktivität geht und das ist das, was Unternehmer:innen massiv auszeichnet und auch unterscheidet, weil sie gehen ins Risiko.

In Organisationen habe ich Strukturen, die natürlich auch helfen. Also, es ist ja nicht gut oder schlecht, sondern nur anders. Aber hier gibt es noch nichts, worauf ich mich stellen könnte als sicheren Boden. Und die kreieren, während sie gehen, auch gleichzeitig den Rahmen und das Vehikel, indem sie es dann tun.

Mari Lang: Vielleicht da noch mal nachgefragt, Lothar hat es jetzt auch schon angesprochen, da waren ja eigentlich nur Hürden im Weg. Ich meine, natürlich kleine Erfolge auch, aber im Endeffekt, das hat jetzt alles euphorisch auf der seinen Seite, ja, aber dann auch doch wieder sehr mühsam geklungen. Was hat denn für dich, glaubst du, den Unterschied gemacht, dass du nicht gesagt hast, lassen wir das, weil das funktioniert so nicht, das ist einfach ein Chaos, bringt ja nichts?

Theresa Imre: Ich wollte sowieso gerade etwas ergänzen dazu und was spannend auch, was du (unv.) und danke, das ist wie ein Bad in Komplimenten. Das ist schon sehr angenehm, dankeschön. Aber die schwierigen Phasen waren dann eigentlich nicht, wenn ich vor zu vielen Aufgaben gestanden bin, da funktioniere ich als Mensch relativ gut, weil ich einfach sehr schnell abwickeln kann, das merkt man im Gespräch schon so. Ich bin relativ schnell, was das betrifft. Ich habe viel überfordernder und herausfordernder gefunden die Situation und so ich weiß, okay, das funktioniert jetzt aber eben nicht.

Jetzt hat man schon irgendwie da einen Zuspruch und dort einen Zuspruch. Das ist gerade als soziales, nachhaltiges Unternehmen noch einmal ärger, weil dich alle von außen eigentlich loben und feiern und trotzdem stehst du dann manchmal da und weißt nicht weiter. Umgekehrt, im letzten Jahr, wo wir merkten, hey, die Online-Bestellungen gehen so zurück und wir haben einfach keinen Hebel. Wir haben sehr starke Konkurrenz bekommen, die sind alle mit Venture-Kapital angestückt, wir sind das nicht, ich möchte das nicht, weil ich die Abhängigkeit nicht von Kapitalstrukturen haben möchte, die mich dann wiederum in Richtung Gewinnoptimierung und diesen anderen Wachstumsmaximen bringen.

Die schwierigsten Phasen waren eigentlich dann, wenn ich nicht gewusst habe, was der (unv.) erleben, vor allem auch ohne die Erfahrung, zu wissen, was machen wir denn dann. Und das waren auch durchaus andere Stressbelastungen, die ich dann eigentlich in den letzten ein, zwei Jahren mehr empfunden habe und da gibt es zwei Ebenen. Zu deiner Frage zurückkehrend, warum ich nicht aufgebe, ist meine absolute Überzeugung für die Sache. Ich weiß nicht, ob ich jetzt eben meine Lebensmittel in Zukunft digital, lokal, so oder so vertreibe. Das ist mir ehrlich gesagt, das klingt jetzt ein bisschen gemein, aber Wurst.

Mir geht es so um diese Sache, diese Produkte vom Bauern direkter über Alternativen zu klassischen Handel und zur Industrie. Einfach aufmachen, faire Systeme schaffen, das inspiriert mich und keine Ahnung, wo das in zehn Jahren ist. Was ich jetzt mittlerweile lernen durfte, muss ich sagen, ist in diesen Phasen des Umbruches, also man sagt da Pivot auch ganz oft im englischen Bereich, so etwas zu verwerfen vor allem und das ist auch ein ganz schwieriger Prozess, weil man hat dann schon so viel Energie und Dinge in ein Projekt gesteckt und dann merkst du eigentlich, es flutscht nicht, es geht nicht auf irgendwie.

Du hast es im Gefühl gehabt, aber es läuft halt nicht. Und das sinnvoll zu verwerfen zum richtigen Zeitpunkt ist etwas, was man über die Zeit ein bisschen lernt und schon besseres Bauchgefühl dann entwickelt. Aber man hat immer wieder die Phasen, wo man sich echt gut aufstellen muss, auch auf einer ganz persönlichen Ebene, weil das waren die meisten Überlastungsphasen in meinem Leben, würde ich sagen.

Lothar Wenzl: Und wie gehst du dann damit um, mit dieser Ohnmacht, nenne ich es mal? Was tust du dann für dich in dieser Situation, damit das dann wieder geht?

Theresa Imre: Wäre ich nur für mich, würde ich es wissen, weil dann würde ich ins Tun gehen wieder mal. Also, ich bin immer dann sofort so, okay, lass uns das probieren. Was ich dann unterschätzt habe, und die Frage habe ich vorher bei der Marie nicht beantwortet, wie viele Mitarbeiter wir sind, jetzt sind wir mittlerweile 23 Personen. Bis zu so fünf, sechs Personen hat dieses Modul, okay Leute, jetzt machen wir etwas Neues, sehr gut funktioniert und ich habe alle relativ im engeren Kreis mit abholen können auch in den Gedanken und Überlegungen. Das habe ich zusätzlich unterschätzt über die Phase der Organisationsentwicklung sozusagen, ab welcher Größer funktioniert das nicht mehr, dass ich sage, so Leute, jetzt biegen wir jetzt links ab, jetzt gehen wir wieder rechts.

Und das war auch wiederum die letzten zwei Jahre stark spürend, dass ich mich da jetzt ganz anders darauf einstellen musste, das Team abzuholen mit den Themen, weil ich dann doch in dem Sinne, wie ich unternehmerisch, wie du es beschrieben hast, so viel schneller denke eigentlich in den Veränderungen und auch Lust darauf, zu verändern, als jemand, der einfach jetzt gerade seinen Job und seine Aufgabe total beherrscht und versteht und gar nicht versteht, warum ich da jetzt mit irgendetwas anderem daherkomme.

Und das war eigentlich jetzt das Größere, was ich gelernt habe. Ich gehe insofern damit um, dass ich für mich selber nicht nur in der Firma den Raum schaffe, wo ich mir sozusagen einen Ausgleich finde, also ich brauche auch dann halt andere Projekte, die mir Spaß machen, wenn ich gerade merke, die Ohnmacht ist in der Firma da. Und dann gebe ich aber umgekehrt der Firma die Zeit, sich die Zeit zu nehmen und nachzuziehen mit den Überlegungen und Entwicklungen, weil da merke ich, ist meine Geschwindigkeit unglaublich kontraproduktiv, wenn ich sie ins Team hinein überfordere dann teilweise auch.

Lothar Wenzl: Das ist ganz spannend, weil was du beschreibst und das hast du ja selber auch benannt, ist der Übergang, wann wird man Organisation oder wann braucht es Organisation. Man wird ja nicht zur Organisation, sondern wenn es eine braucht, dann beginnt sich das auszuformen. Das hast du so schön beschrieben. Da würde ich zwei Dinge dazu sagen, nämlich auch im Unterschied zur Organisation, denn wenn man diese Qualität, die jetzt so sichtbar und hörbar geworden ist an dieser Stelle, was du da tust und schnell und Probleme lösen, aber eben auch scheitern, ohnmächtig sein et cetera, diese Qualität verlieren Organisationen später oder pressen sie in ein Gerüst, das sich mal Leistungsmanagement nennt. Performancemanagement. Die sind ja so performance-driven.

Und da ist natürlich alles das, was du gerade beschrieben hast, das kommt dort nicht vor und damit ringen alle Organisationen im Moment. Wir haben auch ganz viele, mit denen wir arbeiten, an diesen Fragen, wie kriegt man denn dieses Unternehmertun. Aber das ist eben genau das ohnmächtig sein, scheitern, ausprobieren, verwerfen, wieder etwas Neues probieren.

Und das kommt in der Organisationsrealität des (unv.) Management- und Organisationssystems nicht vor und das gilt es jetzt wieder einzuführen, ohne Blaupausen zu machen, weil Unternehmertum ist etwas anderes als eine Organisation. Und was du lernst, und das finde ich auch spannend, das erlebe ich auch in meiner eigenen Organisation, Manager oder Unternehmer;Innen in deinem Fall müssen wissen, wann sie wegbleiben sollen. Das ist viel wichtiger. Nicht hin greifen, sondern wegbleiben.

Mari Lang: Gehen wir vielleicht noch ein bisschen zur Unternehmensstruktur bei markta, die sich ja jetzt Ende letzten Jahres verändert hat. Ihr habt jetzt Julian Hödlmeier in die Geschäftsführung geholt oder du hast ihn geholt. Vielleicht ein paar Worte zu ihm, er ist ein erfahrener Kaufmann, er war zuvor Österreich-Chef der Handelskette Müller und zuvor auch in leitenden Funktionen bei Hofer, bei der Supermarktkette. Vielleicht kannst du ein bisschen beschreiben einerseits, warum diese Entscheidung, also warum da jetzt eine zweite Person in der Geschäftsführung ist, und andererseits auch, was hat das vielleicht firmenintern auch ausgelöst und verändert?

Theresa Imre: Also, grundsätzlich habe ich eigentlich eher unabsichtlich alleine gegründet, also es war jetzt gar nicht so, okay, ich muss das jetzt alleine durchziehen. Ich hatte schon ein großes Umfeld am Anfang so von Freunden, die auch markta durchaus sehr viel unterstützt haben, aber kaum jemand hat sich wirklich herauskristallisiert, all in gehen zu wollen. Und ich hatte dann da auch wieder zwei gescheiterte Versuche, einen Geschäftspartner zu onboarden oder eben an meiner Seite zu haben sozusagen.

Und zweimal, und das weiß ich jetzt mittlerweile auch, was ich da falsch gemacht habe, mit dem Rücken an die Wand stehend, das heißt, ich habe ganz oft von außen den Kommentar gerade von Investoren gehabt, wir würden dich gerne unterstützen, aber wir sehen, das ist alles auf einer Person und sehr viel Risiko und was ist, wenn du dann nicht mehr bist oder nicht mehr kannst und eigentlich brauchst du einen Geschäftspartner. Also, wie oft ich das immer gehört habe, ich kann nicht alleine funktionieren. Ich meine, ich habe es jetzt sechs Jahre gemacht, von daher habe ich es auch da allen gezeigt. Aber das hat mich ganz oft in die Bedrängnis gebracht zu fühlen, okay, ich brauche anscheinend jemanden so. Also, das war einmal Punkt eins von außen.

Und parallel natürlich waren immer wieder auch diese schwierigen Phasen, wenn man dann im Grinding ist, also im Herausfinden sozusagen, was es ist. Da hätte ich mir natürlich immer wieder gewünscht, noch jemanden halt an meiner Seite zu haben und zu sagen, okay, das ist jetzt meine Betrachtungsweise. Es ist so sinnvoll, auch so andere Seiten zu haben. Genau, ich habe dann eigentlich zwei Männer ausprobiert, sage ich jetzt einfach mal so leger, die jeweils ein bisschen über zehn Jahre älter als ich waren, und das hat zweimal zu ganz absurden, komischen Machtsituationen eigentlich geführt, was ich auch nicht erwartet hätte. Mir geht es jetzt, was ich mit dem Julian geschaffen habe, und da habe ich mir ganz lange Zeit genommen im Vornherein, bis er jetzt dabei war, ich musste nicht, sondern er hat sich angeboten und ich habe mich einfach entscheiden können, weil er hat einfach gesagt, es würde ihm so Freude machen, das zu zweit zu machen und ob ich mir das vorstellen kann, und nicht ich suche.

Und wenn man auf der Suche ist und mit dem Rücken vor der Wand, nie wieder entscheide ich euch, was so etwas betrifft, so etwas Essentielles. Den Julian habe ich fast jetzt ein Jahr eigentlich, bevor wir jetzt zusammen sozusagen auch jetzt in die Firma eingestiegen sind, und er beteiligt sich jetzt sozusagen auch, kennengelernt. Wir haben uns beidseitig total offen diese Themen angesprochen. Der Julian ist gleichzeitig eben lustigerweise der gleiche Jahrgang wie ich, also wir sind beide 1990, was in dem Fall viel mehr irgendwie harmoniert und wir reden unglaublich offen über alles, was zwischen uns steht, also sogar, wo wir uns gegenseitig kurz irritieren oder in einem Gespräch, das ist eine extrem offene Feedbackkultur, die wir leben. Und damit ist es für mich eigentlich schon alles erledigt.

Mari Lang: Zwei Gedanken vielleicht dazu. Ich würde natürlich als bekennende Feministin mit dir jetzt viel mehr eintauchen wollen in dieser Thematik, als Frau in dem Unternehmertum, im Gründen, in der Startup-Szene, die ja doch sehr männerdominiert ist. Das machen wir vielleicht an anderer Stelle im Frauen-Fragen-Podcast. Hier wollen wir ja eher über schöne Unternehmen und Unternehmertum sprechen. Lothar, du hast auch jetzt wieder genickt und ich glaube, die Definition, wir sind ja auf der Suche danach, was sind schöne Organisationen. Wenn man da so zuhört, das ist eigentlich eine Art Definition, oder?

Lothar Wenzl: Absolut. Da war ja jetzt so viel drin. Man könnte jetzt auf so vielen Ebenen das auseinandernehmen und analysieren und schauen. Das steht für das Thema, wie gehen die Geschlechter miteinander um. Ich mache es mal ganz vorsichtig, ja? Und natürlich hat es mit Frau (unv.) zu tun gehabt, das würde ich mal unterstellen. Mit anderen Fantasien auch, weil die Management-Welt ist ja männlich, also müssen es die Männer sowieso besser wissen als die Frauen und, und, und. Also, auf diese Ebene könnte man gehen, dort will ich jetzt aber nicht hin, das machst du in deinem Podcast.

Auf einer anderen Ebene fand ich es hochspannend. Ich gehe mal mit dem Letzten, was du sagst, Bedürftigkeit ist der schlechteste Ratgeber überhaupt. Das gilt für Beziehungen, für persönliche Liebesbeziehungen besonders, aber eben auch, und das ist ja hochspannend, eben auch für professionelle Beziehungen. Solange ich bedürftig bin, du hast es gesagt, ich war mit dem Rücken zur Wand und alle haben auf mich eingeredet und ich habe mich quasi selber dann dazu gebracht, das zu glauben und war bedürftig und habe geglaubt, ich brauche etwas. Das geht eben nicht. Und jetzt funktioniert es und es ist etwas entstanden, so hast du es genannt, es ist emergent da. Und da würde ich sagen, go with the flow.

Mit der Energie gehen, das ist hier schon angelegt. Und du hast es auch geschrieben, ich habe das von Anfang an bei den anderen gespürt, dass es nicht geht. Und dann versucht man es halt, Unternehmer:innen wie Manager:innen hinzukriegen, weil wir haben ja alle Macher- und Macherinnenfantasien. Und wenn wir in diesen sind, dann müssen alle Alarmglocken läuten. Ich kenne das wunderbar von mir, an vielen Stellen bin ich jetzt Trittbrett gefahren. Das geht eben nicht, ja?

Mari Lang: Bringen wir es vielleicht noch mal auf eine andere Ebene, nämlich auf größere Unternehmen bezogen. Da ist es ja sehr oft so, das erlebt man, Firmen werden gekauft von anderen, dadurch ändern sich die Organisationsstrukturen und da gibt es dann oft nicht diese freiwillige Entscheidung einer Managerin oder eines Managers zu sagen, okay, das passt jetzt für mich so oder passt für mich nicht so, sondern da muss man wahrscheinlich dann einfach tun. Wie gehen Unternehmen da am besten damit um, wenn einem, und ich sage jetzt einfach salopp wienerisch, Menschen oder Sachen auf das Auge gedrückt werden?

Lothar Wenzl: Also, ich coache ja ganz viele auch immer wieder, oder wir coachen ja ganz viele dieser Menschen. Das Erste ist, das Individuum muss für sich selber immer klären, ob es das will oder nicht. Und wir haben immer die freie Entscheidung. Auf jeden Fall auf diesen Ebenen sowieso auch noch, dazu dort ja auch meistens ohne finanziellen Druck. Das ist an manchen Stellen dort, wenn es um Basis-Jobs geht, natürlich nicht ganz so einfach, aber selbst da versuchen wir, die Selbstwirksamkeit zu stärken.

Und das andere, und wenn ich ohnehin in einer Management- oder Führungsfunktion bin, dann ist meine Aufgabe eben zu gestalten und das Umfeld auch mit zu gestalten. Und wenn ich das Gefühl habe, ich kann es nicht mehr ausreichend gestalten, ich komme hier nicht durch, das ist gegen meine Werte, gegen meine Überzeugungen, dann ist jeder ein Schuft, der nicht die richtigen Schlüsse daraus zieht.

Mari Lang: Wir sind ja hier im Podcast Die Schöne und das Biest, das heißt, es geht manchmal ein bisschen märchenhaft-spielerisch auch zu. Und zum Schluss, ich stelle mir das immer vor, wir haben hier im Podcast-Studio so einen kleinen Setzkasten, wo jeder Gast dann so etwas reinstellt, und darum bitte ich dich, uns vielleicht einen Wert dazulassen, der dich im Leben so antreibt, der vielleicht auch mit markta zu tun hat, ich glaube, das kann man fast nicht entkoppeln, dich und markta, den wir hier jetzt reinstellen können.

Theresa Imre: Das wäre Mitgefühl, es wäre Zusammenhalt, es wären alle möglichen Geschichten. Aber ich gebe den Mut hinein trotzdem, weil gerade es ein Frauenthema ist, dass wir vor allem viel mehr diese Vorbilder brauchen auch. Oder Gott sei Dank, deswegen freue ich mich auch so sehr, da sitzen zu dürfen und überall einfach einen Betrag zu leisten, indem ich sage, hey, es geht.

Und ich war gerade vorhin bei einer Schulklasse von 14-Jährigen, und das merke ich, das macht mir am meisten Freude, weil den Mädels zu zeigen, ihr könnt das alle ganz easy, das glaube ich fehlt uns als Gesellschaft. Dieses darüber Trauen und nicht nur diese Startup-Kultur. Ich meine, auch wäre ein weiterer Podcast für sich, aber dieses Neoliberale, Profitorientierte, Leistungsorientierte, das ist alles so kontraproduktiv, so wie wir Menschen sind. Und ich glaube, es braucht aber trotzdem diesen Mut zu sagen, hey, ich spüre das, dass das anders eigentlich auch geht und traue mich darüber.

Mari Lang: Vielen Dank für das schöne Gespräch.

Lothar Wenzl: Vielen Dank.

Theresa Imre: Danke euch beiden.

Mari Lang: Ja, und danke auch Ihnen und euch fürs Zuhören. Ein neuer Podcast ist ja im Grunde so etwas wie ein Startup, das Anschieber braucht, um richtig erfolgreich werden zu können. Wenn Ihnen und euch diese Folge also gefallen hat, dann schiebt bitte ein bisschen an, abonniert Die Schöne und das Biest, um keine weiteren Folgen zu verpassen, bewertet den Podcast auf den diversen Streaming-Plattformen und schickt uns gerne auch Feedback. Wohin, das steht in den Show Notes. Wir wollen nämlich nicht nur über das besser werden reden, wir wollen tatsächlich besser werden. Bis zum nächsten Mal. Das war Die Schöne und das Biest. Ein Podcast von Marie Lang und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzel.

Portrait von Lothar Wenzl

Lothar Wenzl

Systemischer Unternehmensberater für tiefgreifende Transformationsprozesse, die schöne und erfolgreiche Organisationen gestalten helfen.

l.wenzl@trainconsulting.eu
+43 664 150 23 70