Die Welt im Umbruch

Eine Nagelprobe für Organisationen 

Wie geht es Ihnen eigentlich im Moment mit den Veränderungen in dieser Welt? Inwiefern verändert sich das Unternehmen, für das Sie tätig sind? Und wie verändert sich dabei Ihr Job?

Meine These ist, dass es im Moment kaum jemanden gibt, der oder die nicht auch selbst in grundlegender Veränderung ist. Wir erfahren täglich, dass sich Unternehmen in dieser Welt Herausforderungen zu stellen haben, die vor wenigen Jahren kaum vorstellbar waren. Corona ist dabei nur ein kleiner Teil, ein Brennglas, unter dem so ziemlich alle Probleme aber auch Stärken dieser Welt sichtbar werden. Ich habe in meinem letzten Newsletter-Beitrag bereits darauf hingewiesen, hier möchte ich noch einige weitere Gedanken dazu stellen.

Versuchen wir für einen Moment die wahrscheinlichen Folgen des aktuell in Europa stattfindenden Krieges auszublenden, zu unmittelbar ist im Moment noch der Schmerz darüber.

Der Ressourcenmangel hat ein Ausmaß erreicht, das im Moment die größte Wachstumsbremse für viele Unternehmen darstellt. Eine Nachricht, die angesichts der Klimakrise ja nicht nur eine schlechte Nachricht ist, können wir doch den Glauben an immerwährendes Wachstum nicht mehr so aufrecht halten. 

Die zentralste Herausforderung der Menschheit und damit auch aller Organisationen ist der Klimawandel. Nur ein Beispiel dazu: selbst wenn wir alle Stoffe recyceln würden, bei denen das technisch möglich wäre, kämen wir nur auf 22% Wiederverwertungsrate. Das Problem ist also, wir stellen viel mehr Dinge her, als wir benötigen. Somit wächst das »anthropogene Lager« immer weiter. Wir wissen seit längerem, dass wir die Erzählung vom unbegrenzten Wachstum umschreiben müssen. Statt am irrationalen Glauben an unbegrenzte Ressourcen festzuhalten, braucht es etwa ein konsequentes Umstellen auf Kreislaufwirtschaft. Ein komplexes Unterfangen, das vielen kaum machbar scheint. Umso wichtiger ist es, dass wir nicht vergessen, Good News zu suchen und zu erzählen, wie beispielsweise, dass in Deutschland und Österreich bereits zwei Drittel der Hausabfälle wiederverwertet werden und vieles mehr.

Wir bei Trainconsulting haben schon vor längerer Zeit begonnen, dieses Thema Klimawandel zentral in unsere Arbeit aufzunehmen und die SDGs konsequent in der Beratung unserer Kunden zu verankern.

Dazu haben wir neue, junge Berater:innen mit an Bord sowie Kooperationspartner:innen wie die denkstatt, eine führende Beratung für Umwelt- und Nachhaltigkeit, Christoph Ponak von der Umweltinitiative für nachhaltiges technisches Engagement, shifttanks, mit Christoph Schweifer, SDG-Experte, und vielen mehr. Wir folgen konsequent unserer Vision, »schöne Organisationen für eine bessere Welt« mitgestalten zu helfen.  

Schöne Organisationen geben sich an den Rahmenbedingungen zu erkennen, die sie für gute Arbeit bieten. Wie sie mit Menschen umgehen, welche Räume sie für Arbeit und das soziale Miteinander bauen, macht relevante Unterschiede sichtbar. Der Begriff Arbeitgebermarke hat eine völlig neue Dynamik bekommen. Und diese Dynamik wird nicht so schnell verschwinden, denn der Fachkräftemangel ist längst zu einem generellen Engpass an Arbeitskräften geworden. Und das wird sich so rasch nicht ändern. Der demographische Wandel führt dazu, dass uns bis zum Jahr 2040 10% weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen werden.

Die Vakanzzeit – eine Messgröße für die Zeit, bis eine offene Stelle besetzt wird – hat sich in Deutschland innerhalb von zwölf Jahren verdoppelt. Die Digitalisierung der Gesellschaft sorgt für massive Verschiebungen in den Berufsbildern und deutlich höheren Bedarf an hochqualifizierten Jobs. Die Verfügbarkeit gut qualifizierter Mitarbeiter:innen nimmt in Deutschland und Österreich kontinuierlich ab. Besonders drastisch ist der Arbeitskräftemangel in den Bereichen Medizin und Pflege, in den MINT-Berufen und im Handwerk. Verschärft wird dies noch durch den riesigen Bedarf an Menschen, die im Bereich Nachhaltigkeit und neue Umwelttechnologien gebraucht werden. Allein in den nächsten zwei Jahren benötigen die großen vier Beratungshäuser weltweit rund 100.000 neue Berater:innen in diesen Feldern, so Schätzungen. Länder, die den Arbeitsmarkt noch zusätzlich verengen, indem sie populistischen, nationalistischen Strömungen folgend eine rigorose Einwanderungspolitik betreiben, verschärfen das Problem.

Volkswirtschaftlich betrachtet haben in den letzten Jahrzenten auch Niedriglohnpolitik und das Auslagern der Produktion ganzer Industriezweige in Billiglohnländer den Boden für die jetzige Situation aufbereitet, auch hier hausgemacht sozusagen. Ausbeutung hat zumindest in westlichen Industrieländern mehr und mehr ausgedient, soweit meine Prognose. 

Wie oben bereits beschrieben: Je bessere Bedingungen Unternehmen für ihre Arbeitnehmer:innen bieten, je fairer sie zahlen und vor allem je mehr sie eine Kultur von Wertschätzung und Vertrauen aufbauen, desto eher werden sie noch ausreichend qualifizierte und engagierte Menschen anziehen können. Wir beobachten seit etwas mehr als zehn Jahren eine deutliche Trendwende hin zu ernstgemeinten Veränderungen in diese Richtung. Good News – schon wieder. Unternehmen wie Vaude, Löffler, Ortovox, DM, Gore oder auch Wholefoods und Patagonia (sie alle stehen hier beispielhaft für viele andere) haben Organisationen aufgebaut, die weitestgehend lokal und nachhaltig produzieren. Sie binden Menschen klug in Entscheidungsprozesse ein, setzen auf werteorientierte Kommunikation und Führung und haben insgesamt eine Kultur der Augenhöhe. Sie verzichten ganz bewusst auf Gewinnmaximierung und wollen einen positiven Beitrag zu dieser Welt leisten, indem sie ihren Carbon-Footprint teils radikal reduzieren und immer häufiger SDGs oder vergleichbare Koordinaten als Richtschnur des eigenen Handelns heranziehen. 

Im letzten Jahrzehnt beobachten wir eine Zunahme an mutigen, visionären Unternehmensgründungen – sogar in Österreich, nicht gerade das Start-up-Eldorado. Viele von ihnen widmen sich sozialen und nachhaltigen Produkten. Brüsli, das Müsli aus altem Brot herstellt oder ANTE Up, ein junges Unternehmen für kreislaufförmiges Produkt- und Möbeldesign, seien nur stellvertretend genannt. Junge Menschen mit Hang zu Unternehmertum und einer gesunden Portion Risikobereitschaft gründen lieber, als sich in Unternehmen einzugliedern, die ihnen wenig Perspektive und noch weniger Sinn bieten können.

Ein veraltetes Wirtschaftssystem, das auf unerschöpfliche Ressourcen setzt und eine Politik, die sich noch zu wenig traut, andere Steuerungsmodelle durchzusetzen, erschweren dabei nachhaltiges Handeln. Aber auch unter traditionellen Unternehmen sehen wir solche, die mehr Verantwortung übernehmen wollen, auch wenn es dafür noch zu wenige Role Models gibt. Es braucht mutige, interdisziplinäre Entscheidungen im Hier und Jetzt. Nützliche Denkmodelle dafür sind im Entstehen. Wir werden diesen Weg konsequent weiter gehen, Unternehmen dabei begleiten und gemeinsam mit anderen Mitstreiter:innen immer wieder über Good News berichten.

Portrait von Lothar Wenzl

Lothar Wenzl

Systemischer Unternehmensberater für tiefgreifende Transformationsprozesse, die schöne und erfolgreiche Organisationen gestalten helfen.

l.wenzl@trainconsulting.eu
+43 664 150 23 70